Viele 'Zombies' stammen aus dem Online-Handel
09.09.2021 Unter der Zinslast ihrer Kredite ächzende Firmen, sogenannte Zombies, stammen besonders oft aus dem Online-Handel, zeigt eine aktuelle Analyse.
Problematisch sind Zombie-Unternehmen vor allem am Kapitalmarkt, da Kapitalgeber auf die Solvenz der Unternehmen bauen und darauf basierend Kapitalentscheidungen treffen. Börsennotierte Zombies schädigen das Vertrauen in die Funktionsfähigkeit der Märkte insgesamt, da sie die Gesetze des Marktes, nach denen nicht erfolgreiche Geschäftsmodelle vom Markt verschwinden müssen, partiell aushebeln. Kearney legt den Schwerpunkt der Analyse daher auf die börsennotierten Unternehmen, die über kein nachhaltiges Geschäftsmodell mehr verfügen und dennoch weiter am Markt partizipieren und damit gesunde Wettbewerber belasten.
Hauptursächlich für die Verdreifachung der weltweiten Gesamtzahl an Zombie-Unternehmen seit 2010 ist das mit der Finanzkrise begonnene Zeitalter des billigen Geldes bis hin zu heutigen Negativzinsen. Diese Entwicklung ermöglicht auch unprofitablen Unternehmen, sich zu refinanzieren und vertagt Insolvenzen in die Zukunft.
Im Zuge der Covid-19-Pandemie stieg die Anzahl der betroffenen Unternehmen im Jahr 2020 nochmals deutlich mit +13 Prozent in allen untersuchten Volkswirtschaften an. Etwa 70 Prozent und damit der überwiegende Teil der betroffenen Unternehmen fallen Jahr für Jahr in die Kategorie der Zombie-Unternehmen und werden u.a. durch die staatlichen Corona-Hilfsprogramme weiter am Leben gehalten - die Zombies kommen, um zu bleiben. Kleinere Unternehmen mit einem Jahresumsatz unter 500 Mio. US-Dollar sind insgesamt stärker betroffen als umsatzstärkere - die Größe der Unternehmen spielt also eine erhebliche Rolle.
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Jetzt Mitglied werdenIm internationalen Vergleich hat die Covid-19-Krise Deutschland und China stärker getroffen als die USA: Die absolute Anzahl der betroffenen Unternehmen in Deutschland und China ist jeweils deutlich angestiegen. Dennoch bleiben die USA das Land mit dem höchsten Anteil an betroffenen Unternehmen im Ländervergleich.
Sorgenkinder Real Estate und Online-Handel
Unternehmen der Automobilbranche sind im Vergleich zu anderen Branchen geringer betroffen. Deutliche Unterschiede gibt es innerhalb der Wertschöpfungskette: So ist die Zahl der betroffenen Zulieferer in den letzten Jahren ausgehend von einem geringen Stand relativ stark angestiegen, wohingegen die Anzahl der OEMs stabil niedrig ist. Im Immobiliensektor ist hingegen ein fast dreimal so hoher Anteil an Zombie-Unternehmen anzutreffen wie in der Automobilbranche. 7,4 Prozent der Real-Estate-Unternehmen verfügen gemäß den Kriterien über kein nachhaltiges Geschäftsmodell. Der Online-Handel ist mit 4,5 Prozent Zombie-Anteil überraschenderweise stärker betroffen als der stationäre Handel (ohne Lebensmittel) mit 4,2 Prozent. Innerhalb des Handels ist wiederum der Lebensmitteleinzelhandel bilanziell überdurchschnittlich gut aufgestellt.Um zukünftige Entwicklungsmöglichkeiten aufzuzeigen, hat Kearney Stressszenarien mit einem weltweit um den Faktor 1,5 und 2 gesteigerten Zinsniveau untersucht. Im Ergebnis würde sich die Anzahl der Zombie-Unternehmen um 19 Prozent bzw. 39 Prozent erhöhen. Vor dem Hintergrund des derzeit steigenden Zinsniveaus ist daher mit einer weiteren Zunahme der Anzahl der betroffenen Unternehmen zu rechnen.
Für den deutschsprachigen Markt ist die Studie allerdings nur überschaubar aussagekräftig - nur ein geringer Teil der Onlinehändler in Deutschland. Österreich und der Schweiz ist überhaupt börsennotiert. Im Dax40 wird das vor allem Zalando . Auch Windeln.de und Zooplus sind an der Börse notiert - alles sind allerdings keine Startups. Der stellvertretende Hauptgeschäftsführer des BEVH , Martin Gross-Albenhausen vermutet daher, dass "die wenig Dividenden- und Ergebnis-orientierte Strategie in der 'Landgrabbing#'-Phase der Unternehmen zu dem Eindruck von Zombies beiträgt. Die Nachteile der Silicon-Valley-Startupkultur werden hier besonders deutlich.