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Organisierte Kriminalität greift verstärkt deutsche Wirtschaft an
04.09.2023 Pro Jahr entstehen in Deutschland rund 206 Milliarden Euro Schaden durch Datendiebstahl, Spionage und Sabotage. Die meisten Angriffe kommen aus Russland und China. Jedes zweite Unternehmen fühlt sich durch Cyberangriffe existenziell bedroht.
Rund drei Viertel (72 Prozent) aller Unternehmen waren in den vergangenen zwölf Monaten von analogen und digitalen Angriffen betroffen, weitere acht Prozent vermuten dies, ohne entsprechende Angriffe zweifelsfrei nachweisen zu können. Gegenüber dem Vorjahr mit 84 bzw. 9 Prozent ging die Zahl der Angriffe damit leicht zurück. Deutlich zugenommen haben allerdings jene Angriffe, die der organisierten Kriminalität zuzurechnen sind. 61 Prozent der betroffenen Unternehmen sehen die Täter in diesem Bereich. Vor einem Jahr lag der Anteil noch bei 51 Prozent, vor zwei Jahren sogar nur bei 29 Prozent.
Zugleich entwickeln sich seit Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine Russland und China immer mehr zur Basis für Attacken auf die deutsche Wirtschaft. 46 Prozent der betroffenen Unternehmen konnten Angriffe nach Russland zurückverfolgen (2021: 23 Prozent), 42 Prozent wurden aus China angegriffen (2021: 30 Prozent). Damit steht Russland erstmals an der Spitze der Länder, von denen Angriffe auf die deutsche Wirtschaft gefahren werden. Gleichzeitig sind drei Viertel aller Unternehmen (75 Prozent) der Meinung, dass die Gefahr unterschätzt wird, die von China für die Cybersicherheit ausgeht. Und 61 Prozent halten die Sicherheitsbehörden derzeit für machtlos gegenüber Cyberattacken aus dem Ausland.
"Die deutsche Wirtschaft ist ein hoch attraktives Angriffsziel für Kriminelle und uns feindlich gesonnene Staaten. Die Grenzen zwischen organisierter Kriminalität und staatlich gesteuerten Akteuren sind dabei fließend. Der leichte Rückgang der betroffenen Unternehmen ist ein positives Zeichen und deutet darauf hin, dass die Schutzmaßnahmen Wirkung entfalten", sagt Bitkom-Präsident Ralf Wintergerst . Erstmals fühlt sich eine Mehrheit von 52 Prozent der Unternehmen durch Cyberattacken in ihrer Existenz bedroht. Vor einem Jahr waren es 45 Prozent, vor zwei Jahren sogar nur neun Prozent. "Die Bedrohungslage bleibt hoch, daher müssen alle Unternehmen ihre IT-Sicherheit steigern. Zugleich müssen wir die Kooperation zwischen Wirtschaft und Sicherheitsbehörden weiter ausbauen, um Angriffe zu verhindern und Täter zu ermitteln."
Verfassungsschutz-Vizepräsident Sinan Selen sagte bei der Vorstellung der Studie: "Die Ergebnisse der aktuellen Bitkom-Studie fügen sich nahtlos in unsere Lageeinschätzung ein. Wir sind mit einer verstetigten hohen Bedrohung durch staatliche und nicht-staatliche Cyberakteure konfrontiert. Regionale Schwerpunkte sind deutlich erkennbar. Wir sehen, dass staatliche Akteure sich auch Cyberakteuren bedienen und eine hohe Bandbreite von Zielen angreifen. Diese reichen von Angriffen auf politische Institutionen über die Wirtschaft - von spezialisierten kleinen Tech-Unternehmen bis hin zu Großkonzernen - und betrifft ebenso Forschungseinrichtungen. Die Gegner haben einen langen Atem und gehen immer aggressiver, professioneller und agiler vor. Unsere Antwort auf diese verstetigte Bedrohung ist eine deutliche Stärkung der Kooperation mit unseren Partnern, die schnelle Detektion und Reaktion auf erkannte Angriffe und fortlaufende Anpassung unserer Abwehrmechanismen. Bitkom leistet mit dieser Studie einen wertvollen Beitrag im Rahmen dieser Abwehr- und Härtungsstrategie."
Angriffe auf die Wirtschaft zunehmend digital
Die Angriffe auf Unternehmen haben sich in den vergangenen zwölf Monaten weiter in den digitalen Bereich verlagert. So waren 70 Prozent der Unternehmen von Diebstahl sensibler Daten betroffen oder vermutlich betroffen, ein Anstieg um 7 Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahr. 61 Prozent beklagen das Ausspähen digitaler Kommunikation (plus vier Prozentpunkte) sowie die digitale Sabotage von Systemen oder Betriebsabläufen (plus acht Prozentpunkte). Tendenziell rückgängig sind dagegen analoge Angriffe wie der Diebstahl von IT- oder Telekommunikationsgeräten (67 Prozent, minus zwei Prozentpunkte) sowie von sensiblen physischen Dokumenten oder Mustern (35 Prozent, minus sieben Prozentpunkte), das Abhören von Besprechungen oder Telefonaten vor Ort, etwa mit Wanzen (17 Prozent, minus elf Prozentpunkte) sowie die physische Sabotage (17 Prozent, minus fünf Prozentpunkte).Bei den Cyberattacken steht Phishing mit 31 Prozent (2022: 25 Prozent) an der Spitze, dahinter folgen Angriffe auf Passwörter (29 Prozent, 2022: 25 Prozent) sowie die Infizierung mit Schadsoftware (28 Prozent, 2022: 25 Prozent). Deutlich angestiegen sind Schäden durch Ransomware, von denen rund ein Viertel (23 Prozent) der Unternehmen berichten. Vor einem Jahr waren es nur zwölf Prozent. Rückläufig sind dagegen Schäden durch Distributed Denial of Service (DDoS) Attacken, die nur noch in zwölf Prozent der Unternehmen Schäden verursacht haben, vor einem Jahr waren es mit 21 Prozent noch fast doppelt so viele.