Wer im Internet of Things schon heute die Nase vorn hat

Gastbeitrag von rosenacker

Das Internet der Dinge dringt in viele Marktsegmente vor. Doch wo wurden bereits die cleversten Geschäftsmodelle auf den Weg gebracht? Und für wen bieten sich künftig die größten Chancen?

 (Bild: valtech)
Bild: valtech

Die Chancen für IoT-Geschäftsmodelle:

1. Industrie 4.0

Rund 40 % des deutschen Wirtschaftswachstums ist im vergangenen Jahr auf die Digitalisierung zurückzuführen - das jedenfalls ist das Ergebnis einer aktuellen Untersuchung des Berliner Instituts für Innovation und Technik (iit) im Auftrag des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI). Der digitale Wandel ist nicht mehr aufzuhalten. Doch wenn es um das Thema Internet der Dinge Relation Browser und Digitalisierung in der Industrie geht, verhält sich vor allem der deutsche Mittelstand derzeit noch abwartend. Verschiedene Studien zeigen die Gründe dafür: Die Vielzahl der neuen Informationen, hohe Investitionssummen und Sicherheitsbedenken sind die größten Hürden, wenn es um die Einführung von Industrie 4.0 geht. Und während etwa im Maschinen- und Anlagenbau der Produktlebenszyklus nicht selten bei mehr als 20 Jahren liegt, hält in der Informations- und Kommunikationstechnik inzwischen ein rasantes Tempo Einzug, mit immer neuen Applikationen und Diensten. Hinzu kommen branchenfremde Unternehmen, die mit ihren disruptiven Ansätzen viele Konzerne und Traditions-Betriebe infrage stellen. Individualisierte und automatisierte Produktionsschritte, die Einführung so genannter Cyber-Physical Systems, die Vernetzung der Wertschöpfungskette sowie die intelligente Auswertung und Nutzung von Sensordaten kommen dagegen erst schrittweise in den Industrie-Unternehmen an.

Bei der Entwicklung neuer Geschäftsmodelle rückt vor allem die vorausschauende Wartung in den Mittelpunkt. Kritiker meinen bereits, dass hier momentan die einzigen Anwendungsszenarien liegen, an die sich die deutsche Industrie wirklich herantraut. Wohl auch deshalb schaut der Mittelstand derweil noch zu.
Ein Beispiel für neue IoT-Services liefert ausgerechnet der traditionell anmutende Konzern ThyssenKrupp. In seiner Elevator-Sparte nutzt das Unternehmen moderne Sensortechnik und die Anbindung an die Cloud, um eine möglichst hohe Verfügbarkeit seiner Aufzüge zu gewährleisten. In Zeiten des immensen Bevölkerungs-Wachstums in den Metropolen ein Geschäftsmodell mit Zukunftsperspektive.

2. Farming 4.0

Während die Industrie zum großen Teil noch auf der Suche nach neuen Geschäftsmodellen und einem neuen Innovations-Tempo ist, passiert auf Acker und Traktor die wahre digitale Revolution - und das bereits seit Jahren. Ob Fendt, Claas oder John Deere, die führenden Hersteller haben längst das Potenzial von Datenanalysen über die Cloud entdeckt. Unterstützt werden sie dabei von Software-Unternehmen und innovativen Dienstleistern. Die fahrenden Hochleistungs-Computer sind mit verschiedensten Sensoren ausgerüstet, die über Software-Programme miteinander verknüpft sind. Der Nutzen liegt gerade im Bereich der Landwirtschaft auf der Hand, denn je genauer hier gearbeitet und geplant werden kann, umso größer ist der Ertrag. So können etwa Aussaat, Sprit- und Düngemittelverbrauch optimiert oder die jeweilige Beschaffenheit des Bodens exakt analysiert werden. Echtzeit-Berechnungen über die Cloud werden jedoch derzeit noch blockiert durch fehlende Breitbandverbindungen auf dem Land. Zwar verfügen immer mehr Traktoren über LTE-Schnittstellen, aber der Rollout in den ländlichen Gebieten ist längst noch nicht abgeschlossen. Darüber hinaus müssen viele Agrarunternehmer noch davon überzeugt werden, ihre Betriebsdaten der Wolke anzuvertrauen.

3. Wearable Devices: Healthcare

Das Monitoring und die intelligente Auswertung von Daten über Körperfunktionen eines Menschen ist ein großer Trend der letzten Jahre, der bis jetzt anhält. Immer kleinere Geräte erfassen immer mehr Daten in Echtzeit. Apps werten diese live aus, um den Benutzer Feedback zu seinen aktuellen Status zu geben oder die Daten an Mediziner oder Ernährungsexperten weiterzuleiten, die aus der Ferne entsprechende Handlungsempfehlungen geben. Gemessen werden beispielsweise

  • Kalorienverbrauch
  • Herzfrequenz
  • Aktivitätslevel (meist in Form von Schritten)
  • Blutdruck

Es gibt erste Geräte die den Blutzuckerlevel, Augenbewegungen (Müdigkeitserkennung) und Haltung des Körpers erkennen. Dabei werden die Devices immer kleiner und bequemer in der Handhabung, etwa als aufklebbare Patches oder als intelligente Fasern in der Kleidung.

Ein Vorreiter dabei, die Geräte konkret für das eigene Geschäft zu nutzen, ist die Generali-Versicherung. Sie wird in Kürze für ihre Kunden ein "Vitality-Konto" einführen, das Punkte für eine gesunde Lebensweise vergibt. Versicherte können Punkte sammeln, wenn sie ausreichend Sport treiben und sich gesund ernähren. Die Steuerung des Kontos erfolgt über eine App, die Messung übernehmen Wearables von dafür ausgewählten Device-Herstellern. So entsteht ein Öko-System, das völlig neue Tarife und Geschäftsmodelle ermöglicht. Die Frage ist, welche Sanktionen Nutzer künftig fürchten müssen, wenn sie sich den neuen Tracking-Methoden verweigern. Und auch hier ist die Datenhoheit noch nicht abschließend geklärt.

Die gleiche "Sprache" sprechen die Geräte im Wearable-Kosmos noch nicht, es fehlt eine gemeinsame Plattform. Zudem ist der Energiehunger der Devices meist sehr groß, und das häufige Aufladen schränkt die Nutzerfreundlichkeit noch ein.

4. Wearable Devices: Industrie

In Smartwatches und Datenbrillen sehen viele Experten das Computing der Zukunft. Während Apple Watch und Co gerade ihren Anlauf in der Konsumerwelt nehmen, sind Datenbrillen derzeit immer mehr im Gaming-Bereich, aber auch für industrielle Anwendungen interessant. Mit dem Mini-Computer auf der Nase können Beschäftigte beispielsweise in der Logistik oder im Bereich der Mechanik mit freien Händen arbeiten, während Produktinformationen oder konkrete Bedienungs-Anweisungen über die Bildschirme direkt vor den Augen flimmern.
Dabei werden zunehmend auch 360-Grad-Projektionen und Augmented-Reality-Anwendungen möglich, denn sowohl die nötigen Funkverbindungen als auch die Geräte selbst sind immer leistungsfähiger. Doch so richtig abheben werden die industriellen Anwendungen erst mit der neuen Netzgeneration "5G", an der momentan international geforscht wird. Sie ermöglicht das so genannte taktile Internet mit geringsten Latenzzeiten und einer Datenübertragungsrate, die um ein Vielfaches höher liegt als heute. So werden zuverlässige und intelligente Machine-to-Machine-Anwendungen möglich.

5. Automotive

Connected Cars gehören 2015 und 2016 zu den wichtigsten Trends in der digitalen Wirtschaft. Dabei ändert sich Schritt für Schritt auch die Funktionalität der vernetzten Dienste. Bislang ging es den Anbietern vor allem darum, das Internet ins Fahrzeug zu bringen. Denn die Nutzer erwarten heute selbstverständlich die nahtlose Verbindung zu Nachrichten- und Musikdiensten oder ihren sozialen Netzwerken. Sie wollen Informationen abrufen und ohne Medienbruch online sein - sei es in ihrem eigenen Auto oder einem Car-Sharing-Fahrzeug. Dabei werden digitale Innovationen und die Anbindung an das Internet nicht mehr nur im Premium-Segment, sondern längst auch in kleineren Fahrzeugklassen von den Käufern vorausgesetzt.

Künftig geht es jedoch verstärkt darum, das Auto zu einem Teil des "Internet der Dinge" zu machen und das Auto so als Knoten ins weltweite Datennetz zu integrieren. Der Schlüssel zu den neuen Anwendungen liegt dabei in der Online-Anbindung der Fahrzeug-Bordnetze mit dem Backend des Herstellers, also die Herstellung eines Rückkanals. Ein Weg für die sichere Online-Verbindung zwischen Bordnetzen und verschiedenen Backend-Systemen ist "Acon". Diese Lösung können Hersteller in ihren Produktionsprozess einbauen oder auch nachträglich in ihre Fahrzeuge integrieren. Entweder mit ihrer eigenen Box, oder mit der, die bei Bedarf zur Verfügung gestellt wird. Dabei ist Acon eine agil entwickelte Lösung - das heißt, sie kann flexibel auf veränderte Vorgaben angepasst werden. Im Einsatz ist Acon bereits im Projekt Audi unite in Stockholm.

Durch die Daten-Anbindung ans Backend werden allgemein völlig neue Dienste und Services möglich, von denen sowohl die Automobil-Hersteller als auch die Kunden profitieren. Über solche Steuergeräte, die sich auch nachträglich ohne hohes Investment installieren lassen, könnten zudem automatisch Software-Updates in Fahrzeuge eingespielt werden. Imageschäden durch aufwändige Rückrufaktionen würden mit dieser Technik schon bald der Vergangenheit angehören. Auch müssten Fahrzeugnutzer nicht mehr für einen regelmäßigen Check-up angeschrieben werden oder ihre Autos zur Überprüfung in die Werkstatt bringen - durch die so genannte vorausschauende Wartung ("Predictive Maintenance") melden fehlerhafte Steuergeräte dem System selbst, dass sie ausgetauscht, repariert oder überholt werden müssen. Viele Anwendungen werden sich erst im Laufe der Zeit entwickeln, wenn auch die technische Infrastrukur in den Städten oder zwischen vernetzten Automobilen weiter voranschreitet (Car2X/Car2Car) und das autonome Fahren Realität wird. Bis es soweit ist, müssen jedoch noch einige rechtliche Fragen geklärt werden, zum Beispiel zur Datenhoheit.

6. Smart Home

Mehr als 3000 Sensoren befinden sich allein in einem Münchner Gebäude des Fraunhofer-Instituts. Luftfeuchtigkeit, Temperatur, CO2-Gehalt, all diese Daten werden gemessen, über Software-Programme ausgewertet. Auf der Basis dieser Informationen erfolgt die Optimierung verschiedener Anlagen. Zugegeben, ein großes "Smart Home". Doch auch im weitaus kleineren Maßstab rüsten immer mehr Technik-Begeisterte ihre Umgebung mit Hard- und Softwareelementen aus, die beispielsweise den Energieverbrauch regeln oder die Steuerung von Jalousien oder Sicherheitstechnik von unterwegs bequem per Smartphone ermöglichen.
In den so genannten Smart Homes wimmelt es schon jetzt von verschiedenen Standards und Schnittstellen, über die vernetzte Geräte kommunizieren. Doch bis Zigbee, KNX, Enocean, Z-Wave und andere, zum Teil proprietäre Systeme wie Qivicon und RWESmarthome über ein einheitliches Smart Grid miteinander vernetzt werden können, wird wohl noch etwas Zeit vergehen. Eine Lösung könnte - als verbindendes Element und "Übersetzer" der verschiedenen Lösungen - der EE-Bus sein. In einer gleichnamigen Initiative sind bereits mehr als 50 deutsche und internationale Hersteller Mitglied.
Ist diese Herausforderung gelöst, könnten sich rund um das Thema Smart Home und IoT neue Geschäftsfelder und Ökosysteme bilden. Schon heute finden sich hier neue Allianzen, etwa zwischen RWE und Samsung für eine SmartCam zur Fernüberwachung. Doch Untersuchungen zeigen, dass viele Verbraucher mit dem Thema Smart Home noch nicht vertraut oder unsicher sind, inwieweit sie solche Systeme in einer Mietwohnung überhaupt einbauen dürfen. Hier ist also noch Informations- und Überzeugungsarbeit seitens der Anbieter nötig.

7. Connected Commerce

In einer komplett vernetzten Welt, dem Internet of Everything, werden sich auch die Kontaktpunkte zum Kunden vervielfachen. Das bedeutet immense Chancen für Marketing und Commerce. Wo früher Kampagnen ihre Botschaften in der Breite herausposaunt haben, wird künftig der ganz individuelle Bedarf des Nutzers in den Vordergrund rücken. Eines der besten Beispiele, um diesen Mechanismus zu verdeutlichen, liefert Commerce-Spezialist Amazon mit dem "Dash"-Button, der vorerst nur in den USA für Premium-Kunden erhältlich ist. Doch er zeigt, wohin die Reise im Connected Commerce geht: Der vernetzte Schalter, der einfach an beliebigen Haushaltsgegenständen befestigt werden kann, soll mit nur einem Knopfdruck den Kauf eines Produkts auslösen. Voraussetzung ist die Aktivierung des Buttons über eine App, die Order erfolgt dann via WLAN.

Schon heute zeigt sich, dass die mobile Nutzung und somit auch die Einkäufe via Smartphone und Tablet sprunghaft ansteigen. Im Zusammenhang mit lokalen und kontextbasierten Empfehlungen, etwa via Beacon-Technologie und entsprechender App, lassen sich bereits gezielte Angebote an die Nutzer ausspielen. Beacons haben zwar noch viele technische Einschränkungen und bergen die Gefahr, dass die Käufer mit irrelevanten Nachrichten überflutet werden. Doch die Entwicklung zeigt, dass sich künftig viele Chancen über eine personalisierte Ansprache bieten.

Mit Augmented oder Virtual Reality bieten sich dem Kunden künftig ebenfalls neue Shoppingerlebnisse. Hier eröffnen sich vor allem Chancen für den stationären Handel, der über Cloudanwendungen und Instore-Displays oder Datenbrillen den Kunden visuell in eine andere Welt entführen kann. Mit der entsprechenden Software ist es beispielsweise möglich, ein breiteres Sortiment zu präsentieren oder gemeinsam mit dem Kunden individuelle Designs zu entwickeln.

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