10 Erkenntnisse aus der Psychologie für bessere E-Mails
Erfolgreiche Mails sind solche, die es schaffen, die Empfänger anzusprechen. Und die Psychologie hilft uns zu verstehen, wie wir Menschen ticken, wie wir Marketer es also schaffen, dass ein Mail das Interesse der Empfänger weckt.
Wer einigermaßen Englisch kann, der kann sich das dazu sehr hilfreiche Grundwissen der Psychologie schnell und unterhaltsam in Buchform aneignen: "Designing with the Mind in Mind" heißt das Werk von 250 Seiten, das vor wenigen Wochen in der zweiten, aktualisierten Auflage erschienen ist. Der Psychologe Jeff Johnson bringt darin dem interessierten Laien die Grundlagen der Psychologie bei, die man braucht, wenn man mit digitalen Medien arbeitet. Primäre Zielgruppe sind Interface-Designer, Webseiten-Gestalter und Konzepter. Aber auch als Marketer kann man vieles lernen.
Im Folgenden 10 Erkenntnisse aus diesem Buch, die Ihnen helfen können, bessere eMail-Newsletter zu erstellen:
1. Lesen ist unnatürlich
Wenn wir zur Welt kommen, lernen wir spielerisch innerhalb kurzer Zeit und mit wenig Anstrengung zu sprechen - dazu ist unser Hirn angelegt. Lesen dagegen ist eine Kulturtechnik, die wir mühsam über Jahre hinweg konzentriert erlernen müssen. Und es bleibt zeitlebens anstrengender als Sprechen.
Ungünstigerweise sind wir auch noch so angelegt, dass wir jeder Anstrengung möglichst aus dem Weg gehen - sparsames Haushalten mit Ressourcen verbessert die Überlebenschancen.
Wir lesen also nur, was wir müssen und versuchen, diese Anstrengung möglichst kurz zu halten - das gilt jedenfalls für fast alle eMails und Texte im Web.
Behalten Sie das immer im Hinterkopf, wenn Sie schreiben. Machen Sie den Empfängern das Lesen so leicht wie möglich. Gliedern Sie also Ihre Texte durch Zwischenüberschriften und verwenden Sie Aufzählungen/Listen wann immer möglich.
Und, wichtigster Punkt: Halten Sie Ihre Texte so kurz wie möglich.
2. Fünf Elemente sind genug
Eine viel zitierte Regel aus der Psychologie ist die "Sieben plus minus 2-Regel". Sie besagt, dass man am besten sieben Elemente verwendet, auf keinen Fall aber mehr als neun (7+2) und nicht weniger als fünf (7-2). Das gilt z.B. für Menüelemente, aber auch für Themenblöcke in einem Newsletter.
Diese Anzahl von Elementen hat die passende Größe für unser sehr beschränktes Arbeitsgedächtnis.
Die "Sieben plus minus 2-Regel" Regel hat sich zwar bewährt, ist aber falsch. Oder zumindest veraltet.
Ursprünglich formuliert hatte sie der Psychologe George Miller 1956. Schon in den 60er Jahren wurde klar, dass der Wert zu hoch ist. "Vier plus minus eins" wurde als ein realistischer Wert ermittelt.
Dabei gilt die Regel nur für einzelne, unabhängige Elemente. Außerdem ist der Wert für jeden Menschen unterschiedlich - wie viele Regeln wird sie durch Ausnahmen und Konkretisierungen also leider etwas weniger plakativ und weniger leicht praktisch anwendbar.
Dennoch: Wenn Sie zwischen drei und fünf Themenblöcke in Ihrem Newsletter haben, dann werden Sie die Empfänger nicht überfordern.
3. Das Wichtigste zuerst - oder zuletzt
Wenn Testpersonen wiedergeben sollen, woran sie sich erinnern, nachdem ihnen Inhalte gezeigt wurden, zeigt sich:
Dinge, die als erste präsentiert werden bleiben gut im Gedächtnis. Ebenso die Dinge, die als letzte präsentiert werden. Alles, was dazwischen kommt, hat ein trauriges Schicksal: Wenn diese Dinge es nicht irgendwie anders schaffen, besonderes Interesse zu wecken, dann werden sie sehr häufig vergessen.
Berücksichtigen Sie dies also auch, wenn Sie Texte schreiben und wenn Sie Themen-Blöcke in Ihrem Newsletter anordnen.
4. Struktur hilft
Nachdem unsere Wahrnehmung so eingeschränkt ist und die Gefahr, dass wir schnell aufgeben, wenn etwas mühsam ist, sollten Sie alle Informationen gehirngerecht gliedern in leicht verdauliche Häppchen.
Das gilt z.B. auch für Telefonnummern. Schlecht aufzunehmen ist:
004989112234567
Besser ist eine Gliederung, die so auch gleich als Telefonnummer erkannt wird:
0049 +89 / 11 22 34 567
5. Unsere Wahrnehmung ist eingeschränkt
Das Auge allein ist nicht unserer Wahrnehmungsapparat. Genau so wenig unser Gehirn. Unser Wahrnehmungsapparat setzt sich aus den Sinnesorganen, den Nervenbahnen und dem Gehirn zusammen.
Das mag zunächst etwas spitzfindig oder akademisch klingen. Und doch hilft es uns, zu verstehen, wie Menschen Inhalte wahrnehmen. Unsere Augen können z.B. nur einen geringen Teil der optischen Informationen überhaupt erfassen, die um sie herum vorliegen. Und von diesen werden einige dann gleich verworfen, andere zusammengefasst und erst dann weitergeleitet an das Gehirn.
Die Information gelangt ins Gehirn und dort fällt zunächst die Entscheidung, ob sofort reagiert werden muss - ob also der Flucht- oder der Verteidigungs-Reflex ausgelöst wird. Dann fällt die Entscheidung, ob ein Signal überhaupt so wichtig ist, dass es ins Bewusstsein dringen sollte.
Sie sehen: Es passiert schon einiges, bevor ein Signal überhaupt den Weg ins Bewusstsein geschafft hat. Bei jedem dieser Schritte kann es herausfallen oder es kann modifiziert werden.
Gehen Sie also nie davon aus, dass eine Information tatsächlich in jedem Fall beim Nutzer ankommt. Und gehen Sie auch nicht davon aus, dass die Information korrekt ankommt. Planen Sie immer die Möglichkeit für Missverständnisse ein.
6. Nah dran = gehört zusammen
Achten Sie bei der visuellen Gestaltung Ihrer Newsletter auf die Gestaltgesetze. Das sind die Prinzipien, die bestimmen, wie wir Elemente und Muster auf einer Oberfläche wahrnehmen. Z.B:
- Nähe: Elemente die näher beieinander sind, nehmen wir als zusammengehörig wahr.
- Ähnlichkeit: Elemente mit gleicher Form, Farbe etc. nehmen wir als zusammengehörig wahr.
- Geschlossenheit: Wir ergänzen Formen im Geiste - wir "sehen" z.B. ein Quadrat - egal, ob es mit einer durchgehenden oder mit einer gestrichelten Linie gezeichnet ist.
7. Das richtige Umfeld schaffen
Der Zusammenhang, in dem wir etwas erfahren, ist ganz entscheidend. Damit ist nicht nur die allgemeine Situation gemeint, in der wir z.B. einen Newsletter lesen. Auch welche Wörter im vorigen Satz standen, spielen eine Rolle dafür, wie wir den aktuellen Satz empfinden.
Die Psychologen sprechen von "Priming" (oder "Bahnung"), wenn die Wahrnehmung eines Reizes (meist unbewusst) durch den vorhergehenden beeinflusst ist.
Diese Priming-Effekte sind nicht groß, aber vorhanden. Zum Beispiel führen sie dazu, dass man den gleichen Geldbetrag als kleiner empfindet, wenn man im Satz zuvor eine große Zahl gelesen hat - auch wenn es sich bei dieser gar nicht um einen Geldbetrag gehandelt hat, sondern z.B. um die Anzahl von Nutzern eines Programms.
Auch arbeiten Versuchsteilnehmer, die zuvor einen kurzen Text zum Thema Geld gelesen haben, länger und konzentrierter an einer Aufgabenstellung.
8. Je schneller, desto besser
Jeff Johnson schreibt:
In den letzten fünf Jahrzehnten haben Forscher immer wieder festgestellt, dass die Responsivität eines interaktiven Systems […] der wichtigste Faktor für die Zufriedenheit mit dem System ist.
Wenn Sie Ihre Webseiten anlegen, sorgen Sie also dafür, dass diese so schnell wie möglich reagieren.
Strapazieren Sie die Geduld der Nutzer auch nicht damit, dass Ihre Seiten oder eMails allzu lange laden, weil sie voller großer Bilder sind. Bilder können insbesondere beim Abruf mit Mobilgeräten die Ladegeschwindigkeit stark bremsen.
9. Nur wer testet, weiß Bescheid
Machen Sie es wie die Psychologen: Verlassen Sie sich nicht auf Ihr Bauchgefühl. Führen Sie statt dessen regelmäßig Tests durch, um zu sehen, was bei Ihren Empfängern ankommt.
Für solche Tests eignen sich Usability-Tests, Fokusgruppen oder auch A/B-Splittests.
10. Wir entscheiden selten rational
Der Anteil von unbewussten Faktoren auf unsere Entscheidungen ist deutlich größer als wir alle annehmen. Denken Sie also immer daran, Ihre Botschaft auch für die unbewussten Anteile Ihrer Adressaten zu optimieren, nicht nur für die rein rationalen.
Eine ganz rationale Entscheidung ist, sich das Buch von Jeff Johnson anzuschaffen - für alle, die sich für Psychologie interessieren, eine lohnende Lektüre. Sie hilft, viele Hintergründe zu verstehen und in Zukunft sowohl besser entscheiden als auch besser argumentieren zu können.
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