Digitalisierung im Vertrieb - Sales 4.0
Gastbeitrag von Jens Jacobsen
Um den richtigen Schritt Richtung Sales 4.0 zu beschreiten, ist die Umsetzung einer Strategie zur Digitalisierung im Vertrieb die Basis. Doch wie weit sind deutsche Unternehmen bei der Digitalisierung der Vertriebsprozess und wie ändert sich der Vertrieb im digitalen Zeitalter? Aktuelle Studienergebnisse, Strategien und Tipps für die konkrete Umsetzung.
Der B2B-Vertrieb im digitalen Zeitalter sieht sich einer Kundschaft gegenüber, die ihre Ansprüche aus dem privaten Bereich längst auf das Geschäftsleben übertragen hat. Informationen und Angebote werden im Internet über soziale Netzwerke und digitale Plattformen eingeholt, verglichen und fließen direkt in den Kaufprozess von B2B-Entscheidern ein. Kunden erwarten von den Unternehmen, dass sie sich intensiv mit ihren Bedürfnissen und Anforderungen auseinandersetzt. Produkte und Lösungen müssen dabei ebenso passgenau sein wie Angebote und Beratungen. Auf der anderen Seite erwarten auch B2B-Entscheider, die wichtigsten Aktionen selbst online tätigen zu können. Das reicht von der einfachen Informationsbeschaffung bis hin zu kompletten Bestellprozessen.
Das veränderte Verhalten und die wachsenden Ansprüche von Kunden sorgen nicht selten für Verunsicherung beim Vertrieb:
- Wie wird das Unternehmen in einer digitalen Welt sichtbar für potenzielle Kunden?
- Über welche Kanäle erreiche ich meine Wunschkunden?
- Warum funktionieren klassische Vertriebsmethoden nicht mehr so wie früher?
- Wie bekomme ich ausreichend qualifizierte Leads?
- Wie kann ich meine Bestandskunden bedürfnisorientiert und effizient betreuen?
Sales 4.0 - wie sich der Vertrieb im Zeitalter der Digitalisierung verändert hat
Immer wieder ist im Zusammenhang mit der Digitalisierung von Vertriebsprozessen auch von Sales 4.0 die Rede. Aber wie genau haben die vorherigen Versionen ausgesehen und warum kam es immer wieder zum neuen "Release"?Sales 1.0 - Verkäufermarkt-Situation:
Blickt man zurück ins letzte Jahrhundert waren B2B-Unternehmen noch in der nahezu idealen Position, dass große Nachfrage herrschte und es kaum bis gar keinen Wettbewerb gab. Zudem hielten sich die Bedürfnisse der Kunden zumeist auf Preis/Leistungs-Vergleiche beschränkt. Angebote wurden via Telefon und Fax verschickt und Kunden noch ganz klassisch kalt akquiriert.Sales 2.0 - Kundenorientierung:
Die florierende Wirtschaft sorgte dafür, dass der Wettbewerb sich verschärfte. Immer mehr Unternehmen kamen auf die Idee, ein Stück vom großen Kundenkuchen abhaben zu wollen. B2B-Unternehmen mussten sich nun stärker an den Kunden ausrichten, um die Konkurrenz abzuhängen. Aktive Akquise gewann zunehmend an Bedeutung.Sales 3.0 - Innovation Internet:
Je alltäglicher das Internet für B2B-Kunden wurde, desto höher stiegen ihre Ansprüche an die Anbieter. Der Kunde war besser informiert und eigenständiger als je zuvor. Zudem kam mit dem Online-Shop ein zusätzlicher Vertriebskanal auf, der den Angebotsvergleich-Prozess für den Kunden erleichterte und Transaktionen auf Knopfdruck ermöglichte - und das weltweit.Sales 4.0 - digitaler Vertrieb:
Heute besetzen zunehmend Digital Natives die Führungspositionen in B2B-Unternehmen. Das Internet spielt fast immer eine Rolle bei Entscheidungsprozessen. Informationen müssen schnell und umfassend zur Verfügung stehen. Nervige Cold-Calls und lange Verkaufsgespräche will heute niemand mehr. Vielmehr sind passgenaue Angebote zur richtigen Zeit über den richtigen Kanal mehr denn je erfolgsentscheidend für den Vertrieb im digitalen Zeitalter.Voraussetzungen für eine Erfolgreiche Digitalisierung
Um im Zeitalter der Digitalisierung erfolgreich zu sein, muss der Sales 4.0 die erforderlichen Kompetenzen mitbringen. Dazu gehört die Kontaktkompetenz, die Verkaufsprozess- und Verkaufsabschluss-Kompetenz, so eine Studie, aus dem Jahr 2019, des Instituts für Sales und Marketing Automation (IFSMA ).- Kontaktkompetenz ist ganz entscheidet, wenn es gilt, Kunden zu begeistern und langfristig an das Unternehmen zu binden - Stichwort: Customer Experience Management . Allerdings schätzt laut der Studie weniger als ein Fünftel den Einsatz digitaler Kontaktwerkzeuge als besonders wichtig ein.
- Bei den Verkaufsprozess-Kompetenzen sind zwar aktives Zuhören mit Verständnisabsicherung sowie die Identifikation von Entscheidungsträgern und -kriterien gefragt. Den Einsatz unterstützender Systeme, wie ein CRM-System, sehen allerdings nur rund 30 Prozent der Unternehmen als erfolgskritisch an.
- Zu den Verkaufsabschlusskompetenzen zählen Aufmerksamkeit, Kundenorientierung und das richtige Timing ebenso wie Emotionale Intelligenz. Die Sales Pipeline zu analysieren, zu bewerten und zu steuern, ist jedoch nur für rund ein Viertel der Befragten wichtig. Dabei liegen gerade hier Optimierungspotenziale durch digitale Technologien.
Studie "Vertrieb im digitalen Zeitalter"
Die Studie "Vertrieb im digitalen Zeitalter", die das Institut für Sales und Marketing Automation (IFSMA) unter 525 Unternehmen in Deutschland durchgeführt hat, kann hier kostenpflichtig angefordert werden. Die Schutzgebühr beträgt 149,- Euro.
Status QUO: Digitalisierung
Immerhin haben fast die Hälfte der Unternehmen erkannt, dass die Vertriebskompetenzen verbesserungswürdig sind, so die IFSMA-Studie. Aber nur rund 47 Prozent haben eine klare Digitalisierungsstrategie, bei gut einem Drittel ist sie zumindest geplant. Doch ohne eine klare Strategie lassen sich die aktuellen Herausforderungen des Vertriebs nicht meistern.Die Digitalisierung des Vertriebs kann sich dabei - entsprechend der konkreten Herausforderungen - auf unterschiedliche Bereiche erstrecken: Es beginnt beim reinen Online-Shop für die Abwicklung der Bestellungen über automatisierte Lead- und Kundengewinnungsmaßnahmen bis hin zu datengetriebenen Vertriebsmaßnahmen, um langfristige Kundenbeziehungen aufzubauen und zu pflegen. Entscheidend ist hierbei, dass digitale Strategien und Technologien den Vertrieb bei seiner Hauptaufgabe, Umsatz zu erzielen, wirkungsvoll unterstützen können.
Onlineshop
Den Vertrieb über einen Online-Shop zu digitalisieren und damit allein die Bestellprozesse zu automatisieren, reicht heute längt nicht mehr aus. Zwar erwarten B2B-Kunden digitale Wege zum Unternehmen, um direkt ihren Bedarf zu erfüllen (z. B. Produkte zu bestellen, Leistungen anzufordern oder sich Wissen anzueignen). Allerdings muss dieser bereits erwähnte Vertrieb 3.0 darauf hoffen, dass potenzielle Kunden im Zuge ihrer Customer Journey irgendwie auf das Unternehmen aufmerksam werden. Um dieses "irgendwie" zu steuern, bedarf es einer Lead Management-Strategie.Lead Management
Viel wichtiger ist es, überhaupt erst potenzielle Kunden zu überzeugen, sich für den Anbieter zu entscheiden. Fakt ist: Die Customer Journey von B2B-Kunden startet in den meisten Fällen längst digital (z. B. mit Recherchen im Internet) und damit oftmals ohne, dass der Vertrieb etwas davon mitbekommt. Hier bedarf es einer Zusammenarbeit mit dem Marketing. Denn mit einem professionellen Lead Management, das auf Content Marketing basiert, können B2B-Unternehmen mit attraktiven und nutzwertigen Inhalten, potenzielle Kunden auf sich aufmerksam machen und schrittweise bis zur Vertriebsreife qualifizieren (Lead Nurturing ).Digitales Datenmanagement
Zu digitalisieren, heißt nicht, Zettel und Stift zu verbannen, nur noch auf digitale Devices zu setzen und alles zu automatisieren. Vielmehr geht es darum, dass der Vertrieb jederzeit und überall auf für ihn relevante Informationen zugreifen kann, um den Kunden die richtigen Angebote zu unterbreiten. Entsprechende Daten produzieren potenzielle wie Bestandskunden in der digitalen Welt mehr als genug - es gilt nur, sie zu erfassen und zu nutzen. Ein CRM-System umfasst beispielsweise Kontaktdaten und Kaufhistorie. Eine Marketing Automation-Software kann zudem Profil- und Verhaltensdaten von Interessenten mittels Lead Scoring erfassen. Auch das Cross- und Upselling-Potenzial von Bestandskunden lässt sich so erkennen oder entwickeln.Der Vertrieb hat sich zurecht in den vergangenen Jahren auf das Tagesgeschäft konzentriert, um das allgemeine Wirtschaftswachstum auszunutzen. Doch mit den wachsenden Kundenansprüchen und dem digitalen Informations- und Kaufverhalten ist es nun, da das Konjunkturhoch seinen Zenit überschritten hat, umso wichtiger, die Digitalisierung im Vertrieb anzugehen. Der digitale Startschuss ist längt gefallen!
Erfolgreiche Digitalisierung im Vertrieb -
Sieben Tipps für Die Umsetzung in IHREM Unternehmen
Größtes Potenzial, um die Digitalisierung im Vertrieb zu meistern, liegt in den Bereichen Lead Management und Datenmanagement. Die nachfolgenden 7 Tipps helfen B2B-Unternehmen dabei, ihren Vertrieb zu digitalisieren.- Blicken Sie über den Tellerrand: Denn bevor Sie überhaupt etwas davon mitbekommen, haben ihre Kunden sich im Internet schon längst auf die Suche nach dem passenden Anbieter gemacht. Verfolgen Sie daher die digitalen Spuren ihrer Interessenten und Bestandskunden von Anfang an und lernen Sie immer wieder daraus.
- Sorgen Sie mithilfe der richtigenInbound-Marketing-Strategie dafür, dass Ihren Kunden und Leads die für sie passenden Informationen zur richtigen Zeit am relevanten Touchpoint zur Verfügung stehen. Wenn Sie sich nicht früh genug in den Entscheidungsprozess potenzieller Kunden einbringen, werden sie von der Konkurrenz abgehängt.
- Erzeugen Sie Synergien zwischen Marketing und Vertrieb, indem Sie die Zusammenarbeit fördern und fordern: Der Vertrieb hat das spezifische Kunden-Wissen für passgenauere Marketingmaßnahmen, während das Marketing Leads für den Vertrieb generieren und qualifizieren kann.
- Vertrauen Sie Technologien, die Ihnen spannende Einblicke in Ihre potenziellen und Bestandskunden geben. Mit automatisiert gesammelten Daten können Sie Ihren Vertriebsprozess durchgängig gestalten, ihn transparenter machen und mehr Planungssicherheit erlangen.
- Nutzen Sie die Daten, die eine Marketing Automation-Lösung im Rahmen der Leadqualifizierung erfasst: Wenn Sie die Informationsphase des Leads als Kennenlernphase verstehen, können Sie den Verkaufsprozess intelligent steuern und ihre Abschlussquote steigern.
- Verknüpfen Sie Ihr CRM-System mit einer Marketing Automation-Lösung, um den Verkaufsprozess als Ganzes betrachten, analysieren und optimieren zu können. Vergessen Sie dabei nicht, abteilungsübergreifend zu denken und auch Marketing und Service in den Vertriebsprozess einzubinden.
- Setzen Sie bei der Umsetzung der Digitalisierung im IT-Bereich, sprich der Implementierung und Optimierung von Systemen, auf eine Best-of-Breed-Strategie , bei der verschiedene passgenaue Systeme aneinandergekoppelt werden, Daten austauschen und so immense Synergien erzeugen. Insbesondere Mittelständler haben so größte Wahrscheinlichkeit, mit ihren Unternehmen zukunftsfähig zu sein.
Fazit
Digitale Technologien und neue Kommunikationsansätze sind mehr als Hilfsmittel oder Workarounds, um dem veränderten Kunden und sich verschärfenden Wettbewerb "irgendwie" gerecht zu werden. Sie sind konkrete Voraussetzungen, um als Unternehmen auch zukünftig erfolgreich zu sein: Leads generieren , Kunden begeistern und deren Wert (Customer Lifetime Value ) für das Unternehmen steigern.