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Digitalisierung & Politik

Bisher nur jedes neunte Digitalprojekt der Regierung umgesetzt

29.08.2023 Die Bundesregierung muss ihre Digitalpolitik mit sehr viel mehr Nachdruck betreiben, wenn sie ihre selbstgesteckten Ziele vor den nächsten Wahlen noch erreichen will: Eine Analyse der digital-politischen Vorhaben der Bundesregierung zeigt bei vielen Themen dringenden Handlungsbedarf. Großbaustellen sind die Digitalisierung der Verwaltungen und der Schulen sowie die Datenpolitik. Fortschritte hingegen zeigen sich beim Ausbau der Breitband- und Mobilfunknetze - auch bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens käme man inzwischen gut voran.

 (Bild: RichardLey / pixabay.com)
Bild: RichardLey / Pixabay
So sind nach knapp der Hälfte der aktuellen Legislaturperiode lediglich 38 der insgesamt 334 digitalpolitischen Vorhaben abgeschlossen. Das entspricht einem Anteil von 11 Prozent. 219 Vorhaben (66 Prozent) befinden sich in Umsetzung, 77 Vorhaben und damit knapp jedes vierte (23 Prozent) wurden noch nicht begonnen. Das zeigt der "Monitor Digitalpolitik", den Bitkom zur Homepage dieses Unternehmens Relation Browser vorgestellt hat.

Was die schiere Anzahl der digitalpolitischen Vorhaben angeht, steht nicht das Digitalministerium vorne. Mit weitem Abstand auf Rang 1 steht das Bundesinnenministerium mit 80 zu erledigenden Digitalprojekten. Fast jedes vierte Digitalprojekt der Bundesregierung liegt somit in der Verantwortung Nancy Faesers ‘Nancy Faesers’ in Expertenprofilen nachschlagen .

Es folgt auf Rang 2 das Bundesministerium für Bildung und Forschung mit 57 Projekten, auf Rang 3 steht das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz mit 46 Vorhaben und auf Rang 4 das Bundesministerium für Digitales & Verkehr mit 45 Vorhaben.

Die vier Ministerien für Inneres, Forschung, Wirtschaft und Digitales haben zusammen mehr als 220 Digitalprojekte zu stemmen und tragen damit den Großteil der Verantwortung für das digitale Deutschland. Am Ende der Rangliste stehen das Bundesverteidigungsministerium mit sechs Projekten und das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit mit keinem einzigen Digitalprojekt.

Digitalpakt 2.0 und OZG 2.0 noch weit von Umsetzung entfernt

Negativ sticht in der Untersuchung der Digitalpakt 2.0 heraus, ein Projekt mit gleichermaßen hoher Relevanz und Komplexität. Der Digitalpakt 1.0 war 2019 gestartet und läuft bis Mai 2024, um Schulen mit digitaler Technik auszustatten. Kostenpunkt: 6,5 Milliarden Euro. Die Bundesländer fordern eine Fortsetzung unmittelbar nach Ende des Digitalpakts 1.0, um Schulen Planungssicherheit zu geben - viele könnten ihre eingeführten digitalen Formate ohne weitere Finanzierung durch den Bund nicht mehr fortführen.

Gleichwohl ist im Haushaltsentwurf 2024 bislang keine Anschlussfinanzierung für den Digitalpakt 1.0 vorgesehen. Auch gibt es bislang keinen ersichtlichen Ansatz, wie ein Digitalpakt 2.0 überhaupt ausgestaltet sein könnte. Inzwischen hinken unsere Schulen Ländern wie Dänemark 20 Jahre hinterher.

Im Haushaltsentwurf für 2024 ebenfalls nicht abgebildet ist das im Koalitionsvertrag angekündigte Digitalbudget. Dieses sollte wichtige Digitalprojekte finanzieren und fehlte bereits 2023.

Zu den Unvollendeten gehört auch das Onlinezugangsgesetz (OZG) 2.0, eines der wichtigsten digitalpolitischen Projekte der Bundesregierung. Mit dem ursprünglichen Onlinezugangsgesetz 1.0 sollten bis Ende 2022 alle Verwaltungsdienstleistungen online abgewickelt werden können. Dieses Ziel wurde weit verfehlt. Das OZG 2.0 soll als Folgegesetz den Rückstand aufholen. Die Arbeit an einem OZG 2.0 hat jedoch gerade erst begonnen, die Finanzierung der Maßnahmen ist ungewiss und auf Fristen wurde diesmal gleich ganz verzichtet.

Fortschritte in Gesundheitswesen und Infrastrukturausbau

Große Fortschritte macht demgegenüber die Digitalisierung des Gesundheitswesens. Dazu gehört die flächendeckende Einführung der elektronischen Patientenakte. Sie soll laut Digitalstrategie bis 2025 von mindestens 80 Prozent der Versicherten genutzt werden. Hierfür ist im Referentenentwurf der Digitalisierungsstrategie des Bundesgesundheitsministeriums das so genannte Opt-out vorgesehen, heißt: Die ePA wird für die Versicherten automatisch freigeschaltet, sofern sie nicht widersprechen. Dieses Vorhaben muss aus Bitkom-Sicht jetzt ebenso konsequent ins Ziel gebracht werden wie die bereits angestoßene Planungs- und Genehmigungsbeschleunigung für digitale Infrastruktur.

Bereits im vergangenen Jahr machte der Ausbau der Mobilfunk- und Breitbandnetze große Fortschritte und Deutschland steht im europäischen Vergleich inzwischen auf Rang 4, was die Versorgung mit Telekommunikationsleistungen angeht. Das TK-Netzausbau-Beschleunigungs-Gesetz des Bundes, das Planungs- und Genehmigungsverfahren modernisieren, entbürokratisieren und vor allem digitalisieren soll, geht voraussichtlich noch im Sommer ins Kabinett.

Die Bundesregierung hat sich weiterhin vorgenommen, Deutschland zu einem globalen Standort für die Halbleiterindustrie zu machen. 90 Prozent der Industrieunternehmen sind auf Halbleiter angewiesen. Aber: Deutschland und Europa sind stark abhängig von Halbleiter-Importen. In kaum einem Bereich war die Bundesregierung so aktiv wie hier und hat durch Beihilfen in Milliardenhöhe für private Großinvestitionen in neue Chipfabriken u.a. in Dresden, Magdeburg und Saarbrücken gesorgt. Darüber hinaus wurde die milliardenschwere Förderung von 31 weiteren Projekten bestätigt, was die Attraktivität und Innovationskraft des Halbleiterstandorts Deutschland weiter stärkt.

Bereits umgesetzt wurde auch die Novelle des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes.

Praktisch reibungslos verlief das Vorhaben, Gesetze und Verordnungen digital zu verkünden. Bis einschließlich 2022 erfolgte die amtliche Verkündung von Gesetzen und Verordnungen ausschließlich im gedruckten Bundesgesetzblatt. Das ist bereits seit dem 1.1. 2023 anders - das Bundesgesetzblatt ist jetzt ausschließlich digital verfügbar und kann online als PDF abgerufen werden.

Derzeit liege Deutschland hinter vielen Nationen zurück, darunter nicht nur Staaten wie die USA und China, sondern auch viele kleinere Länder wie Dänemark, Österreich oder Estland. Deutschland müsse laut Bitkom deutlich mehr für seine digitale Wettbewerbsfähigkeit tun.
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