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Agentur-Software: Warum die richtige Wahl immer schwerer wird
15.03.2010 Softwarelösungen von der Stange oder individuelle Lösungen - beim Einsatz von Agentursoftware scheiden sich die Geister. Rund 80 standardisierte Lösungen gibt es derzeit auf dem Markt, die alle verschiedene Anforderungsprofile bedienen. Die Agentur hat bei der Wahl die Qual, denn die optimale Lösung zu finden ist kompliziert. Manchmal muss auch eine Individuallösung her.
Agentursoftware ist allerdings nicht gleich Agentursoftware, es gibt verschiedene Lösungen und die richtige zu finden ist kompliziert und sehr komplex. Eine Vielzahl von Agentursoftware stellt sehr oft nur die rudimentären Bedürfnisse einer jeden Agentur dar: EMail-Ablage, Kalender, Kontakte & Adressen. Das
Thema Agentursoftware ist wesentlich komplexer als das der typischen Office- beziehungsweise Standardsoftware: Das fängt mit den Zugriffsrechten an (wer darf welche Zahlen sehen) und geht dann ganz tief in die grundsätzliche Organisation einer Agentur hinein. Deshalb sind auch Demo- oder Trial-Versionen völlig ungeeignet,um sich ein objektives Bild über die Leistungsfähigkeit einer Agentursoftware zu verschaffen. Denn erst wenn der interne Workflow klar ist - und dabei geht es nicht nur grundsätzlich darum, welche Stunden erfasst werden oder nicht - kann systematisch eine favorisierte Software getestet werden.
Über den Einsatz von standardisierten Agentursoftware-Lösungen scheiden sich in den deutschen Agenturen offensichtlich die Geister. Die Einen sind vollkommen zufrieden, die Anderen benötigen Individuallösungen, weil eine standardisierte Lösung sich nicht in den Geschäftsprozess integrieren lässt.
Wie Agentursoftware heute eingesetzt wird
Die Agenturberatung Hm43 hat im deutschsprachigen Raum den Einsatz von Agentursoftware untersucht. Dabei stellte sich heraus, dass etwas über die Hälfte der Agenturen eine Standardsoftware einsetzen. Zusammengefasst tun sie dies in Erwartung einer Verbesserung im Controlling und dem Agentur-Workflow sowie der internen und externen Kommunikation.
Die Untersuchung hat außerdem die Motive identifiziert, warum eine vorhandene Software nicht mehr eingesetzt oder durch eine neue abgelöst wird. Als Hauptgründe für die Ablösung wurden die fehlende Funktionstiefe durch Veränderungen in der Agentur angegeben, die fehlende Weiterentwicklung der Software und deren Kompliziertheit. Aber auch die Softwarekosten und -pflege wurden genannt. Allerdings wurde von den Teilnehmenden durchaus eingeräumt, dass weitere Beratung und vertiefende Informationen seitens der Anbieter hier positiv wirken können.
Darüber hinaus interessierten die Studienautoren die Gründe, warum Agenturen auf den Einsatz von Agentursoftware verzichten. Das Ergebnis: Die Mehrheit der Agenturen ohne Agentursoftware erklärte, man habe keine oder noch keine passende Software gefunden. Oder die gefundene Software sei zu teuer gewesen. Immerhin 29 Prozent der Agenturen empfinden ihre Agentur als zu klein für den Einsatz einer Agentursoftware. 27 Prozent geben an, auch ohne Agentursoftware noch alles im Griff zu haben, darunter auch größere Agenturen bis zu 50 Mitarbeiter.
Um herauszufinden, was Agenturen helfen könnte, hier zu einer (anderen) Entscheidung zu kommen, wurde gefragt, welche Maßnahmen zu einem Einsatz von Agentursoftware führen könnten. Dabei gaben 21 Prozent an, dass diese Option für sie im Moment nicht in Frage kommt. Die Mehrheit (40 Prozent) wünscht sich einen besseren Überblick über den vorhandenen Softwaremarkt und 36 Prozent mehr Informationen über die Unterschiede der verschiedenen Produkte.
Mit einer selbst entwickelten Lösung arbeitet die PR-Agentur Communication Consultants GmbH Engel & Heinz . "Wir haben nicht gefunden, was wir gesucht haben", erklärt Geschäftsführer Hubert Heinz . Entweder hätten die Standardlösungen zu viel oder zu wenig Funktionalität geboten. Gerade wenn die Software zu komplex sei, führe das in der Regel zu mehr Beschäftigung mit dem System als mit der eigentlichen Arbeit. Zudem habe es vor sechs Jahren noch überwiegend dateibasierte Systeme gegeben, die nicht webfähig gewesen seien.
"Wenn man eine richtige Integration in den Geschäftsprozess haben will, wird es schwierig, mit einer Standardlösung zu arbeiten. Je höher die Integration in den Workflow ist, desto wahrscheinlicher ist eine individuelle Lösung", argumentiert Heinz. Das A und O ist für Heinz die Usability der Software: "Die dahinterliegende Datenbank kann noch so schön sein, es nutzt wenig, wenn die Benutzerführung problematisch ist. Kreativität bei der Benutzerführung ist da eher hinderlich."
Zudem muss aus der Sicht Heinz' das System schlank sein. Ein dateibasiertes, also ein dezentrales System, kommt für Heinz daher nicht in Frage. Denn die Bearbeitung großer Daten oder Systemupdates müsste dann auf jedem lokalen Rechner durchgeführt werden. Das wiederum führt zu Komplikationen der Rechteverteilung und ein Zugriff von außen ist unmöglich.
Auch Dirk Beckmann , Geschäftsführer der Agentur Artundweise , hat eine eigene Lösung aufgesetzt. Ihm zufolge gibt es am Markt vor allem individuelle Lösungen: "Unseres Wissens nach hat sich keine Lösung massiv am Markt durchgesetzt. Gerade bei Online-Agenturen sind viele Prozesse auch neu und noch lange nicht in Standardlösungen eingeflossen", argumentiert Beckmann. Gerade für Interaktivdienstleister gebe es bisher nur einige kleine bis mittlere Anbieter von Agentursoftware. "Die wenigsten können jedoch moderne, agile Prozesse mit Featurelisten, Iterationen usw. abbilden und nutzen im Projektmanagement noch traditionelle Methoden wie Gantt-Charts und Todo-Manager", betont Beckmann. Aus Sicht von Artundweise gibt es kaum Vorteile von Standardlösungen. "Die meisten Dinge im digitalen Bereich sind noch einem großen Wandel unterworfen, an den sich immer wieder neu angepasst werden muss. Trotzdem sind Standardlösungen in etablierten Bereichen wie Buchhaltung und Fakturierung sicherlich ein Kostenvorteil", erklärt Beckmann.
Unterschiedliche Workflows bedingen unterschiedliche Lösungen
Das größte Problem bei der Auswahl von Agentursoftware-Lösungen ist in der Regel, dass der Leistungsumfang entweder zu groß oder zu klein ist. Um herauszufinden, welche Features absolut notwendig, wünschenswert oder eben überflüssig sind, muss die Agentur zunächst gründlich die Anforderungen an die unterschiedlichen Arbeitsbereiche prüfen. "Klassische Fullservice-Agenturen, Multimedia-, Event- oder Direktmarketing-Dienstleister sowie Media- oder PR-Agenturen haben in der Regel voneinander abweichende Problemstellungen, die sich aus den unterschiedlichen Workflows ergeben", erklärt Heike Mews von hm43. Die einen benötigen ein Tool mit dem sie E-Mails verschicken können, für andere ist die Etatverwaltung oder die Option von unterwegs jederzeit Daten eingeben beziehungsweise abrufen zu können besonders wichtig. Ebenso wichtig sind die Bedingungen, die Hard- und Software stellen. Denn alle Mitarbeiter, die letztendlich mit der Software arbeiten, müssen mit ihr umgehen können und diese akzeptieren. Dirk Beckmann weist ausdrücklich darauf hin, dass kein Tool die eigene Organisationsentwicklung löst: "Kein Tool kann Prozesse etablieren, das können nur Führungskräfte. Daher muss man zunächst seine Prozesse definieren, leben und dann die richtigen Tools dazu finden."