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Digitalisierung der Verlagsbranche: Sanierungsfälle im Anzeigenmanagement
09.01.2015 Trotz bald 20 Jahren Internet-Revolution kämpfen viele Verlage noch immer mit der Digitalisierung. Während Redaktionen und Verlagsbosse über Paywalls diskutieren, herrschen im Anzeigengeschäft noch Prozesse und Techniken aus den Neunzigern vor. Was der Anzeigenverkauf tun kann, um das zu ändern:
Pixel liegen auf Lager
Die Realität im Anzeigenverkauf vieler Verlage ist aus technischer Sicht ernüchternd. Insellösungen für einzelne Aufgaben sind die Regel. Sie zwingen die Mitarbeiter, etwa im Bereich Ad Operations dazu, die Medienbrüche zu überwinden, die ihre Software-Lösungen für Verkauf, Buchung, Ausspielung und Abrechnung digitaler und gedruckter Werbemittel hervorrufen.Nicht selten sind Prozesse nach dem Muster Fax-to-Excel-to-SAP-to-Excel-to-Adserver zu finden. Wie viel zeitraubende Handarbeit dafür nötig ist, kann man sich leicht vorstellen. Ursache für diese, für die Mitarbeiter und Agenturen gleichermaßen, frustrierenden Abläufe sind häufig IT-Systeme, in denen die digitale Werbewelt nur mit den Mitteln der für physische Produkte entwickelten ERP-Systeme abgebildet werden. Man legt im wahrsten Sinne des Wortes Pixel 'auf Lager' und verkauft sie dann als Artikel.
Die Folge sind neben zähen Abläufen auch verschenkte Umsätze für den Verlag. Zudem ist die Anpassung der Altsysteme kostspielig, weil sie viel Spezialwissen erfordert und bei jeder Änderung einen aufwändigen Test- und Roll-out-Prozess für die Software erfordert. Die Total Cost of Ownership für diese Lösungen ist in Zeiten hochverfügbarer Multi-Tenant-Cloud-Plattformen unnötig hoch.
Organisatorisch stehen die Medienhäuser schließlich noch vor einer weiteren Herausforderung. Angesichts immer enger verzahnter Marketingkanäle stehen sie vor dem Problem, ihr eigenes Angebot an Werbemöglichkeiten in den größeren Kontext einzubinden. Crossmediale Angebote müssen für die Werbetreibenden und ihre Mediaagenturen nahtlos ineinander greifen und sowohl schnell als auch kosteneffizient zu steuern sein.
Mit den Methoden der analogen Welt werden Verlage diese Konvergenz des Anzeigenverkaufs für Print, Online und gegebenenfalls weitere Kanäle kaum stemmen können. Sie müssen also an die Systeme und insbesondere an die Prozesse ran. Und sie müssen Effizienz lernen.
Ad Sales muss seine Rolle annehmen und aktiv mitgestalten
Der Wandel, der in manchen Verlagen noch schleppend vonstatten geht, nimmt gerade auch den Anzeigenverkauf in die Pflicht. Denn solange auf der redaktionellen Seite Paywalls und andere Online-Bezahlmodelle (noch) nicht die Umsatzverluste aus dem Printgeschäftausgleichen können, gilt weiter die Maxime: "Ohne Anzeigen keine Redaktion und kein Verlagsprodukt." Angesichts des immer komplexeren Digitalgeschäfts sollten sich Manager im Anzeigenverkauf als Experten für "Digital Revenue Management" positionieren. Sie sind die prädestinierten Know-how-Träger für die Steigerung von Einnahmen im Zuge der Digitalisierung.In dieser Rolle nimmt der Anzeigenverkauf eine Brückenfunktion ein: extern zur Werbebranche sowie intern zur Verlags-IT und letztlich auch den Fachabteilungen, deren jeweiliger Sparringspartner er in allen Fragen werberelevanter Prozesse sein sollte. Denn eines ist sicher: Das für ein erfolgreiches Anzeigengeschäft nötige Innovationstempo ist nur gemeinsam mit allen Experten in der Verlagsorganisation zu bewältigen.
Gemeinsames Gestaltungspotenzial
Das Anzeigengeschäft steht also mitten in einem Umbruch, der sowohl technischer als auch organisatorischer Natur ist. Entsprechend groß ist das stragegische Gestaltungspotenzial.Der Anzeigenverkauf muss Prozesse und IT so mitgestalten (können), dass Verlage, Partner und Werbetreibende aus neuen publizistischen Modellen und Marketing-Lösungen die bestmöglichen Erlöse erzielen.
Deshalb muss Umsatzverantwortlichen daran gelegen sein, Hindernisse auf dem Weg zu mehr Effizienz, geringeren Kosten und höheren Erlösen aus dem Weg zu schaffen. Dafür müssen Altsysteme durch kostengünstige, skalierbare Multi-Tenant-Architikturen ersetzt werden. Diese werden anbieterseitig laufend auf dem neuesten Stand gehalten und reduzieren die Belastung der internen Teams mit Update-Aufgaben und Software-Wartung.
Prozessseitig sorgen in modernen End-to-End-Lösungen für das Ad Sales Management technische Integrationen mit CRM, Auftragsmanagement, OBS, Duon, DSPs, SSPs und Adservern für reibungslose Abläufe.
Zusammen mit den IT-Fachleuten der Verlage können sich die Anzeigenmanager dann darauf konzentrieren, die hauseigenen Besonderheiten in der Software zu modellieren. Und dann bleibt immernoch genug Zeit für tagesaktuelles Reporting an die kaufmännische Geschäftsführung.
Manager des digitalen Wandels
So komplex und drängend die Probleme der Verlage angesichts des Innovationstempos im Digitalgeschäft auch sind, nur wenn sie es schaffen, die Anzeigenvermarktung kanalübergreifend zu standardisieren und zu automatisieren, werden sie das nötige Maß an Effizienz erreichen, von dem letztlich die gesamte Branche profitieren wird. Der Anzeigenleiter kann sich im Zuge dessen als Manager des digitalen Wandels positionieren und dabei kaufmännischen Weitblick beweisen.Über den Autor: Bernd Bube ist Gründer und Geschäftsführer der ADvendio.com GmbH mit Sitz in Hamburg. In den vergangenen elf Jahren widmete er sich gezielt seiner Mission, Cloud Technologien in Unternehmen zu etablieren und den Prozess der Anzeigenvermarktung effizienter, vernetzter, standardisierter und automatisierter zu gestalten.