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Faire Verbraucherverträge: Neue Regelungen für Telefonmarketing und Vertragskündigungen
14.10.2021 Anfang Oktober traten die ersten Regelungen des neuen Gesetzes für faire Verbraucherverträge in Kraft. Was sich bei Telefonwerbung und AGBs ändert und wie ein "Kündigungsbutton" gestaltet sein muss, erklären die Rechtsexpertinnen Kathrin Schürmann und Alwine Henning.
Rechtsanwältin Kathrin Schürmann und Diplom-Juristin Alwine Henning von der Technologiekanzlei Schürmann Rosenthal Dreyer Rechtsanwälte erklären, was Unternehmen über die neuen Regelungen wissen müssen und was jetzt zu tun ist.
Wer ist betroffen?
Das neue Gesetz soll die Position von VerbraucherInnen gegenüber Unternehmen stärken, die Regelungen finden keine Anwendung im B2B-Bereich.- Die Regelungen treffen Unternehmen, die Telefonwerbung betreiben.
- Betroffen sind vor allem solche Unternehmen, die gegenüber Verbrauchern Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) nutzen: dies gilt insbesondere bei Vertragsschlüssen über die regelmäßige Lieferung von Waren oder die Erbringung von Werk- oder Dienstleistungen (z.B. Handyverträge, Zeitungs-Abonnements etc.).
- Auch sind all solche Unternehmen angesprochen, die es Verbrauchern ermöglichen, entgeltliche Dauerschuldverhältnisse elektronisch, sprich in aller Regel online, abzuschließen.
Weitere Regularien für Telefonwerbung
Was heißt das nun konkret? Kann ich noch Telefonwerbung schalten?Zunächst kann festgestellt werden: Telefonwerbung bleibt weiterhin grundsätzlich möglich, auch wenn sich zu den bereits bestehenden gesetzlichen Anforderungen nochmals weitere Regulatorien gesellen.
Der § 7a UWG n.F. schafft eine neue Regelung bezüglich des Einwilligungserfordernisses zur Telefonwerbung bei VerbraucherInnen. Die vor Beginn der Telefonwerbung einzuholende Einwilligung ist künftig "in angemessener Form" zu dokumentieren. Eine gewisse Freiheit verbleibt hier bei den Unternehmen: eine besondere Form - wie z.B. die sogenannte Textform (vgl. § 126b BGB) ist gerade nicht vorgeschrieben. Die Aufbewahrungspflicht selbst sollte kaum größere praktische Auswirkungen haben; es bestand bereits durch die DSGVO und das UWG die faktische Pflicht, erteilte Einwilligungen nachzuweisen.
Dokumentation zur Einwilligung länger aufbewahren
Folgendes ist für Unternehmen allerdings neu: die Dokumentation der Einwilligung in Telefonwerbung ist fünf Jahre lang aufzubewahren. Diese Frist beginnt ab Erteilung sowie nach jeder Verwendung der Einwilligung neu. Ziel ist es laut Regierungsentwurf des Gesetzes, die Sanktionierung unerlaubter Telefonwerbung insgesamt effizienter zu gestalten und Anreize für einen Verstoß gegen das Einwilligungserfordernis, etwa durch die Behauptung, die Einwilligungserklärung aus Datenschutzgründen nicht länger aufzubewahren, zu reduzieren.Auch wenn genaue Ausführungen dazu fehlen, was eine "angemessene Form" der Dokumentation ist, kann die Bundesnetzagentur als zuständige Behörde Hinweise auslegen, wie sie diesen unbestimmten Rechtsbegriff auslegen wird. Hier lohnt es sich, auch weiter die Augen offenzuhalten.
Die sich aus § 7a UWG ergebende Pflicht zur Dokumentation und Aufbewahrung der Einwilligung sollte ernst genommen werden: wer nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig dokumentiert oder gar nicht oder nicht mindestens fünf Jahre aufbewahrt, dem droht künftig ein Bußgeld von bis zu 50.000 Euro (§ 20 UWG n.F.).
Muss ich meine AGB jetzt ändern?
Einige Anpassungen im AGB-Recht führen dazu, dass Unternehmen ihre AGBs in verschiedener Hinsicht werden überprüfen und unter Umständen anpassen müssen. Was zu beachten ist:Unwirksamkeit von Abtretungsausschlüssen
Unternehmen sollten in ihren AGB künftig keine Abtretungsschlüsse für VerbraucherInnen mehr vorsehen. Entsprechende Klauseln, die die Abtretung von Geldforderungen gegen den AGB-Verwender ausschließen, sind mit Inkrafttreten des § 308 Nr. 9 BGB n.F. unwirksam. Abtretungsausschlüsse sind dann auch für andere Ansprüche und Rechte von VerbraucherInnen unwirksam, sofern keine schützenswerten Interessen des Unternehmens vorliegen oder das berechtigte Interesse des Verbrauchers ein schützenswertes Interesse des Unternehmens überwiegt.
Es gibt zwei Ausnahmen der eben dargestellten Regelungen:
- Abtretungsausschlüsse für Geldforderungen sind auch künftig wirksam bei Zahlungsdiensterahmenverträgen, also etwa bei dem der Führung eines Girokontos zugrundeliegenden Girovertrag.
- Bei Ansprüchen aus Versorgungsleistungen im Sinne des Betriebsrentengesetzes sind sogar jegliche Abtretungsausschlüsse weiterhin wirksam.
Stillschweigende Vertragsverlängerungen
Stillschweigende Vertragsverlängerungen sind uns allen bekannt: sobald man eine Kündigungsfrist untätig verstreichen lässt, verlängern sich Verträge um jeweils ein weiteres Jahr. Damit ist bei Verbraucherverträgen über "regelmäßige Lieferungen von Waren oder zur Erbringung von Dienst- oder Werkleistungen" bald Schluss.
Der § 309 Nr. 9 lit. b BGB n.F. sieht vor, dass stillschweigende Vertragsverlängerungen nur noch unter den folgenden Voraussetzungen zulässig sind:
- Das Vertragsverhältnis wird auf unbestimmte Zeit verlängert.
- Dem Verbraucher wird gleichzeitig das Recht eingeräumt, das auf unbestimmte Zeit verlängerte Vertragsverhältnis jederzeit mit einer Frist von höchstens einem Monat zu kündigen.
Ende der Kündigungsfrist
Demnächst sind zudem auch solche Klauseln unwirksam, die eine Kündigungsfrist von wie bisher erlaubten drei Monaten vor Ablauf der zunächst vereinbarten Vertragsdauer vorsehen. Diese Frist ist künftig auf nur einen Monat verkürzt, anderweitige Klauseln sind dann gem. § 309 Nr.9 lit. c BGB n.F. unwirksam.
Unternehmen müssen "Kündigungsbutton" zur Verfügung stellen
Auch die Kündigung von entgeltlichen Dauerschuldverhältnissen - wie etwa Handyverträgen - soll künftig für VerbraucherInnen vereinfacht werden. Sofern der Vertrag im "elektronischen Geschäftsverkehr" (sprich online) geschlossen wurde, müssen Unternehmen gem. § 312k BGB einen sogenannten "Kündigungsbutton" zur Verfügung stellen.Checkliste Gestaltung Kündigungsbutton:
- Gut lesbar und eindeutig formuliert
- Ständig verfügbar
- Unmittelbar und leicht zugänglich
Die Umsetzung ist für Unternehmen essenziell: Werden die Schaltflächen und die Bestätigungsseite nicht zur Verfügung gestellt, kann ein Verbraucher jederzeit und ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen.
Weitere Pflichten für Unternehmen
Aus § 312k BGB n.F. ergeben sich zudem die folgenden Pflichten für Unternehmen:- Die Kündigungserklärung muss mit Datum / Uhrzeit durch den Verbraucher gespeichert werden können (z.B. durch Download);
- VerbraucherInnen muss ermöglicht werden, zu den folgenden Punkten Angaben zu machen:
- Art der Kündigung (ordentlich / außerordentlich) sowie Kündigungsgrund
- eindeutige Identifizierbarkeit und Bezeichnung des Vertrages
- Zeitpunkt der Vertragsbeendigung durch Kündigung
- elektronische Übermittlung der Kündigungsbestätigung
- Art der Kündigung (ordentlich / außerordentlich) sowie Kündigungsgrund
- Sofortige Bestätigung des Inhalts, Datum und Uhrzeit des Zugangs der Kündigungserklärung sowie Zeitpunkt des angestrebten Vertragsendes auf elektronischem Wege in Textform (z.B. per E-Mail).
Fahrplan für die Umsetzung
bis 1. Oktober 2021:- die neuen Regelungen zur Telefonwerbung
- Abtretungsausschlüsse
- stillschweigende Vertragsverlängerungen
- Kündigungsfrist von einem Monat vor Ablauf der zunächst vereinbarten Vertragsdauer
- die Regelungen zu Kündigungen im elektronischen Geschäftsverkehr (insb. die Implementierung eines Kündigungsbuttons)
Fazit: Unternehmen sollten jetzt handeln
Das neue Gesetz erfordert die Entwicklung von neuen, beziehungsweise die Anpassung bereits bestehender Prozesse - insbesondere die Aufbewahrungs- und Dokumentationspflichten gem. § 7a UWG n.F. treffen die Unternehmen bereits ab dem 1. Oktober. Erhöht wird die Dringlichkeit der Umsetzung hier durch die Bußgeldvorschrift des § 20 UWG n.F. Aber auch bei der Umstellung von AGB und der Einführung der "Online-Kündigung" sollten Unternehmen nicht zu viel Zeit verstreichen lassen, um die erforderlichen Prozesse ordnungsgemäß zu etablieren.Über die Autorinnen:
Kathrin Schürmann ist Rechtsanwältin und Partnerin der Technologiekanzlei Schürmann Rosenthal Dreyer Rechtsanwälte und berät Unternehmen in den Bereichen Datenschutz und IT-Recht. Als Legal-(Tech) Entrepreneur ist sie darüber hinaus Mitgründerin und Geschäftsführerin der KI-basierten Datenschutzmanagementsoftware Caralegal
und der E-Learning Plattform Lawpilots
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Alwine Henning ist Diplom-Juristin und Wissenschaftliche Mitarbeiterin bei Schürmann Rosenthal Dreyer. Ihre Schwerpunkte sind das Datenschutzrecht und der Gewerbliche Rechtsschutz.