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Trotz Sicherheitsbedenken und Unwissenheit: Deutsche wünschen sich mehr digitale Dienstleistungen
24.01.2023 Eine Studie gibt Einblicke in die Akzeptanz von digitalen (Identifizierungs-)Verfahren in Deutschland. Für den erstmals herausgegebenen Digital Identity Index 2023 wurden im Rahmen einer repräsentativen Umfrage 2.040 Erwachsene befragt.
Digitale Dienste: Wunsch vs. Realität
Zwei Drittel (66 Prozent) der Deutschen würden beispielsweise gerne mehr digitale Behördengänge nutzen. Nur neun Prozent tun das bisher allerdings. Die Hälfte der Bevölkerung (50 Prozent) würde gerne auch die Gesundheitsakte digital einsehen bzw. die Krankschreibung digital einreichen. Beides ist möglich, aktuell machen aber nur 16 Prozent der Bevölkerung davon Gebrauch.Auffällig ist auch die Diskrepanz zwischen Vertragsabschlüssen für Banken oder Versicherungen gegenüber dem Abschluss von Miet- oder Arbeitsverträgen. Während jeweils über 60 Prozent der Befragten Vertragsabschlüsse bei Banken oder Versicherungen bereits digital nutzen bzw. es gerne tun würden, sind es bei Miet- und Arbeitsverträgen nur sechs Prozent, die diese Verträge digital abschließen; 40 Prozent möchten diese Verträge nicht digital abschließen. Dementsprechend wenig verbreitet ist die qualifizierte elektronische Unterschrift (QES), die hierfür zum Einsatz käme. Sie wurde lediglich von sechs Prozent der Deutschen bisher verwendet.
Popularität der Fernidentifizierungsverfahren
Während die QES bisher noch ein Nischendasein fristet, haben viele Deutsche bereits mehrmals ein digitales bzw. Fernidentifizierungsverfahren durchlaufen. Am weitesten verbreitet sind die Vor-Ort-Identifizierung in einer Postfiliale (40 Prozent), das VideoIdent-Verfahren in einem Videochat mit einer Person (38 Prozent) sowie vollautomatisierte Ident-Verfahren mit Foto/Selfie (14 Prozent). Die eID-Funktion des deutschen Personalausweises hingegen wird auch über zehn Jahre nach deren Einführung kaum genutzt: Nur acht Prozent haben sie schon mal eingesetzt. Die privaten Lösungen werden gegenüber der staatlichen eID von den Nutzern also klar bevorzugt. Identity Wallets, wie sie aktuell unter anderem auf EU-Ebene diskutiert werden, kommen bisher erst bei einem Prozent der Bevölkerung zum Einsatz.Fehlendes Verständnis von eIDAS 2.0, eID und digitalen Identitäten
Über die Hälfte der Bevölkerung (52 Prozent) hat laut Umfrage keine nähere Vorstellung was sich hinter "digitaler Identität", "qualifizierter elektronischer Signatur", oder "eID", verbirgt. Schlusslicht in Sachen Verständnis der Begrifflichkeiten bilden die "EuID" (4 Prozent) und "eIDAS 2.0" (2 Prozent).
Identity Wallets: Vertrauen gegenüber Unternehmen aus Deutschland
Gegen die geplanten Identity Wallets - ein Kernstück der eIDAS 2.0-Verordnung - spricht aus Sicht der deutschen Bevölkerung vor allem die fehlende Sicherheit der Daten vor Identitätsmissbrauch oder Fälschungen (44 Prozent), gezielte Hackerangriffe (43 Prozent) und der Verlust bzw. Defekt des Smartphones (41 Prozent). Rund jeder Dritte ist auch durch die Überwachung von Unternehmen (31 Prozent) oder vom Staat (27 Prozent) beunruhigt. Diese Bedenken schlagen sich in den Auswahlkriterien für eine Identity Wallet nieder: Den Deutschen ist Sicherheit (55 Prozent) und Datenschutz (46 Prozent) am wichtigsten. Für 36 Prozent ist die Nutzerfreundlichkeit ein zentrales Auswahlkriterium.Für beide Kriterien, Sicherheit und Nutzerfreundlichkeit der Identity Wallet, spielt der Sitz des Unternehmens eine große Rolle. Die Bevölkerung ist skeptisch gegenüber Unternehmen außerhalb der EU. Nur vier Prozent trauen ihnen eine gleichzeitig sichere Verarbeitung ihrer Daten sowie eine nutzerfreundliche Erfahrung zu. 28 Prozent trauen Unternehmen mit Sitz in Deutschland die Balance aus Sicherheit und Nutzerfreundlichkeit zu. Weitere 26 Prozent glauben, dass rein staatliche Institutionen oder Stellen aus Deutschland diese Kriterien in einer Identity Wallet erfüllen könnten.