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Musk übernimmt Twitter (das wird man ja noch sagen dürfen)
28.10.2022 Elon Musk hat nun nach einem monatelangen Hin und Her offenbar doch endgültig vielleicht Twitter übernommen. Der mit einer wahren Bartholomäus-Nacht an Entlassungen gefeierte Kauf zeigt an, wohin die Reise nun geht. Manche Journalisten-Kollegen reagieren so schockiert, dass ihnen sogar der Unterschied zwischen Musk und Trump flöten geht.
Statt einer Auslassung gab es - wie für Musk üblich - einen kryptischen Tweet , der in Anspielung auf Twitters-Unternehmenslogo die 'Befreiung des Vogels' feiert. Das messianische Heilsbringer-Bewusstsein, das in dieser Botschaft wetterleuchtet, passt zu den ersten strategischen Schritten, die der neue Twitter-Besitzer auf den Weg gebracht hat.
Musk hat nahezu die komplette Führungsriege hinausgeworfen. Mit Twitter-Chef Parag Agrawal hatte Musk sowieso noch ein Hühnchen zu rupfen, weil der einige Behauptungen des Tesla-Chefs aufmüpfig zurückgewiesen hatte (etwa, dass Twitter einen höheren Bot-Anteil habe als vom Netzwerk ausgewiesen). Auch Finanzvorstand Ned Segal und die Chefjuristin Vijaya Gadde müssen gehen. Signifikant an den Entlassungen ist eventuell, dass sowohl Ex-Boss Agrawal, als auch Juristin Gadde der Freiheit der Meinungsäußerung im Netzwerk gewisse Grenzen aufgezeigt hatten: Agrawal etwa hängte in einem Interview ein harmonisches Miteinander bei Twitter höher als das Recht auf Meinungsfreiheit und Gadde war für den Kampf gegen Falschinformation und Hassrede zuständig.
Hätte der Sicherheitsdienst die geschassten Twitter-Führungskräfte nicht schon längst vom Gelände in San Francisco eskortiert, wie der Guardian berichtet, hätten die Manager noch Donald Trump die Tür öffnen können: Denn der Ex-Präsident ist nun wieder erwünscht im Netzwerk, aus dem er wegen Falschinformationen und Aufrufen zum Kapitolsturm am 6. Januar geflogen war. Musk möchte ihn nun direkt wieder an Bord holen, so kursieren Mutmaßungen (siehe etwa Deutsche Welle ).
Neben der Rückholung Trumps liebäugelt Musk offenbar noch damit, bis zu 75 Prozent der Twitter-Belegschaft zu feuern, doch das soll er inzwischen schon wieder dementiert haben (ob das in Anbetracht der Volatilität der Zusagen des neuen Chefs ein großer Trost für die Angestellten ist, sei dahingestellt, Musks Schlingerkurs rund um Twitter hat iBusiness dokumentiert, etwa hier und hier )
Auf jeden Fall aber, so sagt es ein offener Brief Musks
an die Werbekunden, auf Twitter soll man jetzt wieder sagen dürfen, was man ja wohl noch sagen dürfen darf: Die Zeichen stehen auf einem Primat der Meinungsfreiheit. De facto wird sich das wohl darin äußern, dass einem Rechtsdrall des Netzwerks endgültig die Bremsklötze entfernt werden, die Twitter zuletzt mit Abstrafungen von Hassrednern angebracht hat. Aber andrerseits soll Twitter auch keine Hölle ('Hellscape') werden, in der man ungebremst drauf los hassen darf. Und die Werbung soll besser getargetet werden.
Ach ja, und dann ist da ja noch die Über-App 'X' für die Musk nach eigenen Aussagen Twitter gekauft haben will: Eine Super-App für alles, die offenbar aus den Datenströmen des sozialen Netzwerkes gespeist werden soll, wie Musk zuletzt ankündigte (iBusiness berichtete
)
Insgesamt stehen die Zeichen wohl auf einem Rechtsruck des Netzwerkes, denn die Einschränkungen der Meinungsfreiheit bei Twitter hatten vor allem rechte Sprachrohre getroffen, neben Trump etwa den nun zu einer Milliardenstrafe verurteilten Moderator Alex Jones, der ein US-Schulmassaker an Kleinkindern als frei erfundene Propaganda der US-Linken dargestellt hatte.
So oder so - es dürfte sich einiges ändern im beliebtesten Netzwerk der Medienschaffenden.