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Mehr Produktivität durch Remote Work - und mehr Stress für Mitarbeiter
17.12.2020 Unternehmen profitieren durch das mobile Arbeiten von einer gestiegenen Produktivität. Für Mitarbeiter wird es aber zunehmend zu einer Belastung, immer erreichbar zu sein.
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Jetzt Mitglied werdenIn Funktionen wie der Produktion/Fertigung, Forschung und Entwicklung (F&E)/Innovation und im Bereich Lieferkette, die mehr Vor-Ort-Arbeit und einen höheren Arbeiteranteil umfassen, ist der Anteil der Unternehmen, die eine Steigerung der Produktivität verzeichnen konnten, mit 51 Prozent am niedrigsten.
Übergang zu einem hybriden Modell erwartet
Der Capgemini-Studie zufolge erwarten die Unternehmen in den nächsten zwei bis drei Jahren eine allgemeine Produktivitätssteigerung von 17 Prozent. Dank der mobilen Arbeit konnten darüber hinaus 88 Prozent der Befragten in den letzten drei bis vier Monaten bei den Immobilienkosten Einsparungen erzielen, 92 Prozent erwarten Einsparungen in den nächsten zwei bis drei Jahren.Fast 70 Prozent der Unternehmen glauben, dass sich diese Entwicklung über die Pandemie hinaus fortsetzen wird. Die Produktivität wird jedoch in hohem Maße davon abhängen, wie schnell die Unternehmen lernen und sich neu orientieren, urteilen die Studienautoren. Sie raten dazu, Veränderungen in der Denkweise der Mitarbeiter zu berücksichtigen und eine individuelle und organisatorische Widerstandsfähigkeit (Resilienz) aufzubauen.
In den nächsten zwei bis drei Jahren rechnen etwa drei von zehn Unternehmen damit, dass mehr als 70 Prozent ihrer Mitarbeiter mobil arbeiten werden (vor Covid-19 waren es nur etwa 10 Prozent der Unternehmen). Fast die Hälfte (48 Prozent) sagt, dass ihr Gesamtbüroflächenbedarf um mindestens 10 Prozent sinken wird. Darüber hinaus erwarten etwa 45 Prozent der Mitarbeiter, künftig drei oder mehr Tage pro Woche von einem anderen Standort aus zu arbeiten. Der Trend geht zu einem hybriden und kooperativen Arbeitsplatz-Modell.
Arbeitnehmer sind skeptisch
Die Arbeitnehmer haben jedoch Bedenken, was das mobile Arbeiten auf lange Sicht betrifft. Etwa 56 Prozent sind darüber besorgt, immer erreichbar zu sein. Bei den 26- bis 35-Jährigen liegt dieser Anteil sogar bei 60 Prozent. Sie benötigten mehr Unterstützung, um mit dem damit verbundenen Stress umzugehen. Sonst sei fraglich, ob Produktivitätsgewinne für ein erfolgreiches hybrides Arbeitsmodell langfristig aufrechterhalten werden könnten.Die Studie zeigt auch, dass sich neu eingestellte Mitarbeiter in einer Remote-Umgebung abgekoppelt vorkommen. 54 Prozent der in der Pandemie neu eingestellten Mitarbeiter haben sich in den ersten Tagen im neuen Unternehmen verwirrt und verloren gefühlt. 55 Prozent waren sich nicht einmal der Werte und Leistungen des Unternehmens bewusst. Diese Problematik lässt sich auch bei bestehenden Mitarbeitern beobachten: 38 Prozent fanden es schwieriger, virtuell mit den neuen Kollegen zusammenzuarbeiten.
Langfristig greife der Ansatz des mobilen Arbeitens zu kurz, so Capgemini. Fazit: In Zukunft werde es darum gehen, ein hybrides Modell zu etablieren, das ein Gleichgewicht zwischen der Arbeit zu Hause und im Büro herstellt. Ziel der Unternehmen werde es daher sein, sich zu differenzieren und das Angebot für die Mitarbeiter auszubauen. Es gelte die richtige Balance für einen hybriden Ansatz zu finden. Dafür müssten Führungskräfte bestehende Strukturen in Frage stellen, die Wirksamkeit von Betriebsmodellen überdenken und organisatorische Silos und Barrieren zwischen Teams abbauen.
Handlungsempfehlungen für Unternehmen
- Beschaffungsmodelle überdenken, bei denen die Arbeitsleistung unabhängig vom Ort erbracht werden kann: Wenn es nicht mehr notwendig ist, dass Menschen an einem Arbeitsplatz anwesend sind, können Unternehmen die Rekrutierung von Talenten ausweiten und eine fluide Belegschaft wie Freiberufler oder Selbständige einbeziehen.
- Führung neu definieren und Autonomie, Empathie und Transparenz fördern: Mitarbeiter sollten befähigt werden, datengestützte Entscheidungen zu treffen. Zudem sollten Führungsqualitäten wie Einfühlungsvermögen, aktives Zuhören und Anpassungsfähigkeit gefördert werden. Der Einsatz von digitalen Tools kann dabei unterstützen, Anzeichen von Burnout und übermäßigem Stress bei den Mitarbeitern zu erkennen und entsprechend gegenzusteuern.
- Schaffen einer vertrauensbasierten Arbeitskultur mit neuen gemeinsamen Ritualen: Der Aufbau von digitalen Communities stärkt das Zusammengehörigkeitsgefühl der Mitarbeiter. Es empfiehlt sich zudem, neue kollektive Rituale, z.B. mehr virtuelle Teambildungsaktivitäten, einzuführen.
- Installation einer robusten digitalen Infrastruktur, um ein nahtloses digitales Arbeiten zu ermöglichen: IT-Teams müssen sich schnell auf die Einführung einer digitalen Infrastruktur einstellen, die Belastbarkeit, Agilität und Skalierbarkeit bietet. Unternehmen müssen zudem gezielt in ihre Mitarbeiter und deren Fachwissen im Umgang mit neuen Tools investieren.
Ein weiterer Rat: "Performance-Management-Systeme müssen ausgebaut werden, um die Produktivität und Ergebnisse zu messen, anstatt den Output und die von den Mitarbeitern erfassten Stunden", sagt Claudia Crummenerl , Managing Director, People and Organization bei Capgemini Invent. "Unsere Untersuchungen zeigen, dass sich das Arbeiten in einer Remote-Umgebung nachhaltig auf die psychische Gesundheit der Mitarbeiter auswirken kann. Führungskräfte müssen daher aktiv werden und zusätzliche Unterstützung anbieten, um ein Umfeld zu schaffen, in dem die Mitarbeiter offen über ihre Sorgen sprechen können und eine bessere Work-Life-Balance gefördert wird. Um eine stärke Bindung zu schaffen, gelte es die Werte und Überzeugungen des Unternehmens wirkungsvoll zu kommunizieren und Vertrauen zu vermitteln. "All dies - unterstützt durch eine geeignete digitale Infrastruktur, um ein reibungsloses digitales Arbeiten zu ermöglichen - kann die Effizienz der Mitarbeiter und letztendlich die Aufrechterhaltung eines hybriden Arbeitsmodells fördern."