Zum Dossier 'Temu-Strategie'
Deutschen sind digitale Behördendienste zu kompliziert und zu unsicher
06.09.2022 Viele Deutsche (60 Prozent) wünschen sich von den Behörden mehr Online-Services. Voraussetzung sind ein besseres Nutzungserlebnis (76 Prozent) und Gewährleistungen für die Sicherheit (77 Prozent).
"Mit einem 'funktioniert' ist es nicht getan", sagt Prof. Norbert Pohlmann , Vorstand IT-Sicherheit im Eco-Verband der Internetwirtschaft . "Die Menschen erwarten einen vergleichbaren Komfort und die einfache Bedienbarkeit, die sie aus ihren täglich genutzten kommerziellen Anwendungen gewöhnt sind - am Rechner genauso wie auf dem Smartphone." Das ist ein Ergebnis der Studie 'Security & digitale Identitäten in einer digitalisierten Welt' , die der Eco-Verband in Zusammenarbeit mit dem Analystenhaus Techconsult erstellt hat. Rund 300 BürgerInnen, 170 Unternehmen und 40 Öffentliche Verwaltungen wurden dafür befragt.
Bedienbarkeit und Datenschutz als Hürden
Vor allem für ältere Menschen stellt die Bedienbarkeit eine wichtige Anforderung dar: In der Altersklasse bis 49 Jahre ist sie für etwas mehr als zwei Drittel ein wichtiger Faktor, bei den Älteren für rund 90 Prozent der Befragten.Gegen den Einsatz von EGovernment-Diensten sprechen für 47 Prozent der Befragten auch ungeklärte Fragen hinsichtlich des Datenschutzes und der Datensicherheit. Hierbei sind vor allem ältere Menschen tendenziell deutlich besorgter als Jüngere. Für Unsicherheit sorgt dabei der aktuelle Wildwuchs digitaler Identitäten: Ein Drittel der BürgerInnen verwaltet aktuell mehr als zehn verschiedene BenutzerInnenkonten, um Internetdienste zu nutzen. Jeder und jede Zehnte verfügt sogar über mehr als 20 Konten.
Das Marktzahlen-Archiv ist ein Premium-Service von iBusiness. Werden Sie Premium-Mitglied, um dieses Chart und viele tausend weitere abzurufen.
Jetzt Mitglied werdenDiese durch eine universelle Identität abzulösen, kommt für die Mehrheit (77 Prozent) erst infrage, wenn die Sicherheit dieser Identität gewährleistet ist. "Hochsensible persönliche Daten preiszugeben, ist eine große Hürde für jeden Menschen", sagt Norbert Pohlmann. "Wenn diese beispielsweise durch Sicherheitslücken in die falschen Hände oder unberechtigt an die Öffentlichkeit gelangen, führt dies zu massiven Schäden und Vertrauensverlusten." Positiv bewertet er, dass die Bundesregierung das Thema digitale Identitäten in ihrer Digitalstrategie aufgreift und als Priorität benennt. Entsprechende Projekte müssten aber im Zusammenhang mit der geplanten EUid und der Evaluation der eIDAS-Verordnung in Brüssel gedacht werden, um nationale Alleingänge zu vermeiden. "Nutzerfreundlichkeit und offene Standards sollten dabei im Mittelpunkt stehen, um die Akzeptanz digitaler Identitäten und einen offenen Wettbewerb zu fördern", so Pohlmann weiter.
Hohe Akzeptanz für digitale Behördendienste
Viele digitale Behördendienste würden die Menschen gerne nutzen, wenn sie denn zur Verfügung stünden. Knapp 60 Prozent der BürgerInnen sind mit der Anzahl der verfügbaren Dienste unzufrieden. Ganz oben auf der Wunschliste sind die Ausstellung von Ausweisen und Pässen (53 Prozent), die An- oder Ummeldung des Wohnsitzes (53 Prozent) sowie Dienste zum Ausstellen von allgemeinen Dokumenten wie der Geburtsurkunde (50 Prozent) und die Kfz-Zulassung (50 Prozent). Aber auch andere möglichen Dienste würden grundsätzlich hohe Akzeptanz genießen. Beispielsweise sind heute knapp ein Viertel der Bürgerinnen und Bürger BriefwählerInnen und fordern die Wahlunterlagen digital über das Portal ihrer Gemeinde an.Die Öffentlichen Verwaltungen selbst bieten primär
- Dienste zur Beantragung von staatlichen Leistungen gegenüber Unternehmen und BürgerInnen an (33 Prozent).
- Dahinter folgen Dienste für die Steuererklärung (25 Prozent),
- sowie die elektronische Ausstellung des Führerscheins (23 Prozent),
- die An- oder Ummeldung des Wohnsitzes (23 Prozent)
- die Anforderung von Wahlunterlagen (23 Prozent)
- und die Ausstellung allgemeiner Dokumente (23 Prozent)