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SAP: Marketing- und E-Commerce-Lösungen machen Sorgen
03.02.2023 Der Softwarekonzern SAP will sich in Zukunft auf sein Kerngeschäft besinnen - das wirft Fragen bei der SAP-Anwendervereinigung auf. Was wird in Zukunft aus den CX-Produkten? Gerade hier bewies SAP zuletzt kein allzu glückliches Händchen.
So fürchten viele SAP-Kunden nun um getätigte Investitionen außerhalb des SAP-Kerngeschäfts. Gerade die Bereiche Customer Experience (CX) und CRM scheinen auf dem Prüfstand zu stehen. Mit welchen Schwierigkeiten der Konzern dort zu kämpfen hat, zeigt unter anderem die Auszählung der meistgenutzten Software-Werkzeuge der deutschen Top-1.000-Onlineshops (siehe iBusiness: Diese EMail-Marketing-Lösungen setzen deutsche Shops ein und Shopsystem-Ranking der deutschen Top-1.000-Shops: ).
Obwohl SAP enorme Summen in den Zukauf und die Entwicklung von Marketing- und Shoplösungen gesteckt hat, bleibt der Erfolg überschaubar. Während Wettbewerber Salesforce mit seiner ECommerce-Anwendung kontinuierlich Marktanteile gewinnt, verliert SAP kontinuierlich Kunden in den Top-1.000-Shops. Zuletzt dümpelte das Unternehmen hinter dem Mittelständler Oxid ESales gerade einmal auf Platz 5 im Ranking.
Noch schlechter sieht es bei der Marketing-Lösung aus: Die selbst entwickelte Software ist gerade einmal bei zwei Unternehmen der Top-1.000 installiert. Zuletzt zog SAP ob dieses Misserfolgs die Notbremse und kaufte einfach den Marktführer Emarsys auf. Noch ist diese Software nicht in die SAP-Welt integriert und wird nicht einmal unter eigenem Label, sondern als "Emarsys - an SAP Company" vermarktet. Was aber weit schlimmer ist: Während Wettbewerber Salesforce eine beträchtliche Zahl seiner Kunden dazu bringt, vollständig in die Salesforce-Welt einzuschwenken und E-Commerce- und Marketing-Software aus einer Hand zu verwenden, gelingt dies SAP gar nicht. Die von SAP zugekauften Emarsys-Kunden nutzen häufiger ECommerce-Systeme der Konkurrenz als die eigene Einwendung. Und auch umgekehrt gibt es kaum Synergien.
Vor diesem Hintergrund wundert es nicht, dass sich der SAP-Anwenderverband um die Fortentwicklung der CX-Produkte sorgt: "Die geplante Stärkung des ERP-Geschäfts, respektive des ERP-Kerns, ist ein positives Signal. Allerdings gilt es hier genau hinzuschauen. Die Ankündigungen von SAP werfen bei uns als Anwenderverband Fragen auf", sagt Jens Hungershausen , Vorstandsvorsitzender der deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe (DSAG). "Passt die Strategie des Business-Netzwerks noch, wenn wesentliche IT-Prozesse des Kundenmanagements nicht mehr in der gleichen Geschwindigkeit entwickelt werden wie das ERP? Was bedeutet es für den Lead-to-Cash-Prozess, der zu den Kernprozessen gezählt wurde, wenn wesentliche Komponenten aus dem CX-Portfolio wie angekündigt an Priorität verlieren?". Fragen, auf die das SAP-Management in den kommenden Monaten dringend klare Antworten liefern muss.