Investitionen auf Rekordniveau: Berlin ist erstmals Europas Start-up-Hauptstadt
28.08.2015 Die deutsche Start-up-Hauptstadt ist Berlin längst. Doch jetzt konnte sich Berlin auch erstmals europaweit den ersten Rang sichern - und hängt damit London, wohin bisher traditionell mehr Risikokapital in junge Unternehmen floss, ab.
Im ersten Halbjahr 2015 entfielen allein 1,4 Milliarden Euro auf Risikokapitalinvestitionen in Berlin - also rund drei Viertel. Damit können Berliner Start-ups auch die europäische Konkurrenz ausstechen. Der bisherige Vorreiter London sackte von Januar bis Juni nur knapp 1,1 Milliarden Euro ein.
2015 wird Rekordjahr für Risikoinvestments
Auch europaweit wird 2015 zu einem Rekordjahr für Risikokapital, geht aus dem Start-up-Barometers der Beratungsgesellschaft Ernst & Young (EY) hervor. Bereits zur Jahreshälfte konnten sich die Start-ups in Europa 6,5 Milliarden Euro an Risikokapital sichern. Im gesamten Jahr 2013 kamen sie zusammen auf knapp fünf Milliarden Euro, 2014 sicherten sie sich 7,6 Milliarden Euro. Die drei größten Start-up-Märkte Europas - Großbritannien, Deutschland und Frankreich - liegen alle auf Kurs, die Summe von 2014 zu übertreffen.Das Marktzahlen-Archiv ist ein Premium-Service von iBusiness. Werden Sie Premium-Mitglied, um dieses Chart und viele tausend weitere abzurufen.
Jetzt Mitglied werden- Berlin: 1,4 Milliarden Euro, 81 Investitionsrunden
- London: 1,1 Milliarden Euro, 82 Investitionsrunden
- Paris: 418 Millionen Euro, 14 Finanzierungsrunden
- Stockholm: 848 Millionen Euro, 14 Finanzierungsrunden
- Hamburg: 195 Millionen Euro, 9 Finanzierungsrunden
- München: 119 Millionen Euro, 13 Finanzierungsrunden
Rahmenbedingungen haben noch Luft nach oben
Trotz der steigenden Investitionen halten gerade einmal 31 Prozent (2014: 30 Prozent) der Gründer hierzulande die Rahmenbedingungen für Start-ups für gut. Im Vergleich zum Vorjahr sinkt der Anteil der Bewertungen mit "gut" oder "befriedigend" deutlich von 74 auf 67 Prozent. Die besten Voraussetzungen sieht der Großteil der deutschen Gründer in Berlin (78 Prozent) vor Bayern (36 Prozent), Hamburg (33 Prozent), Nordrhein-Westfalen (15 Prozent) und Baden-Württemberg (zehn Prozent).Kritik gibt es auch an Finanzierungsmöglichkeiten: Drei von vier Jungunternehmern (73 Prozent) fordern einen vereinfachten Zugang zu Krediten Lockerungen im Kündigungsschutz beziehungsweise beim Mindestlohn fordert mit 49 Prozent fast die Hälfte. Eine stärkere Werbung durch die Politik im Ausland wünschen sich 46 Prozent.
Größte Sorge der Start-ups bleibt nach wie vor die Finanzierung. 38 Prozent macht die Finanzierung aktuell am meisten Sorgen, nach 44 Prozent im Vorjahr. Insbesondere Unternehmen in den frühen Phasen Seed/Early (56 Prozent) und Start-ups (58 Prozent) brauchen dringend Mittel für weiteres Wachstum. Einem Drittel bereiten vor allem die rechtlichen Rahmenbedingungen Kopfzerbrechen. Die Mehrheit der Start-ups (57 Prozent) braucht nach eigenen Angaben in den kommenden zwei Jahren eine erneute Finanzspritze. Im Durchschnitt benötigen die Start-ups in Deutschland in den kommenden zwei Jahren weitere 1,2 Millionen Euro - neun Prozent brauchen sogar mehr als sechs Millionen Euro.
Viele ECommerce-Startups - wenige mit internationaler Ausrichting
Die befragten Start-ups sind im Durchschnitt vier Jahre und sieben Monate alt. Mehr als die Hälfte befindet sich derzeit in der Wachstumsphase, die meist auf die erste größere Finanzierungsrunde folgt. Die meisten Unternehmen (34 Prozent) sind in der Softwarebranche tätig, 24 Prozent im E-Commerce und neun Prozent im Werbe- und Marketingbereich. Nur 30 Prozent der Unternehmen sind auf den Weltmarkt ausgerichtet, 64 Prozent konzentrieren sich auf den deutschsprachigen Raum.Die Studie beruht auf einer Befragung der Gründer von 181 deutschen Start-ups und einer Analyse der Risikokapitalinvestitionen in Europa.