Kritik und Lob für den Digital Services Act
27.04.2022 Nach dem Digital Markets Act (DMA) haben die EU-Institutionen auch den Digital Services Act (DSA) auf den Weg gebracht. Das Gesetz soll für faire Bedingungen bei der Nutzung von Plattformen, Sozialen Medien und Online-Marktplätzen sorgen.
Mit dem DSA will die EU einheitliche Regeln für den Umgang mit illegalen Inhalten festsetzen und für mehr Rechtssicherheit sorgen. So sollen künftig Hassrede und schädliche Desinformationen wie auch Kriegspropaganda schneller aus dem Netz entfernt werden. Plattformen werden dafür zur Schaffung von Prozessen für das Melden illegaler Inhalte und deren Löschung verpflichtet sowie zu größerer Transparenz. Große Plattformen mit mindestens 45 Millionen Nutzern müssen dabei mehr Regeln befolgen als kleinere.
Die Zuständigkeit für die Regulierung wird auf der europäischen Ebene gebündelt: Für die Durchsetzung der Regeln sollen sowohl die Kommission als auch die Mitgliedstaaten verantwortlich sein, welche hierfür auch Zugang zu Algorithmen großer Plattformen erhalten sollen. Weiter sieht der DSA vor, dass Minderjährige durch das Verbot von personalisierter Werbung und das Verbot der Verwendung sensibler Daten stärker geschützt werden. Auch gibt es neue Vorgaben für Nutzereinwilligungen und Dark Patterns. Die Einigung muss noch vom Europaparlament und den EU-Staaten bestätigt werden. Die Regelungen sollen frühestens Anfang 2024 zur Anwendung kommen.
Die Reaktionen der Verbände
Der Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) befürwortet das Gesetz für digitale Dienste als "überfällig", sieht aber auch eine "Gefahr für erhebliche Einschränkungen und Rechtsunsicherheiten für Unternehmen" etwa beim Umgang mit 'Dark Patterns'. Diese Bestimmungen würden offenbar nur für Online-Plattformen gelten und nicht generell für alle Unternehmen des Anwendungsbereichs des DSA. "Sollte der Kompromiss jedoch viele der sehr restriktiven Bestimmungen des Parlaments enthalten, würde das der digitalen Wirtschaft massiv schaden. Das hätte eine rechtsunsichere Verquickung des DSA mit DSGVO und der noch zu finalisierenden ePrivacy-Verordnung zur Konsequenz" sagt Thomas Duhr , Vizepräsident des BVDW.Als "zeitgemäß und zukunftsfähig" bezeichnet der BVDW den Kompromiss beim Kinder- und Jugendschutz. Ein Verbot gezielter "datenbasierter Werbung" gelte bei Minderjährigen wohl nur, "wenn die Betreiber von Online-Plattformen positive Kenntnis davon haben", dass die Nutzung des Angebots durch ein Kind oder Jugendliche erfolgt. Unternehmen stünden damit nicht vor der Herausforderung, selbst einschätzen zu müssen, "wer vor dem Endgerät sitzt". Auch das Verbot der Verarbeitung sensibler Daten bei personalisierter Werbung hält der BVDW für richtig, da dieser bereits in der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) angelegt sei. Auch der IT-Verband Bitkom begrüßt, "dass personalisierte Werbung in sozialen Netzwerken weiterhin ermöglicht wird". Wichtig sei, dass der Rechtsrahmen auch in der Praxis funktioniere und gleichzeitig der Plattformökonomie "Entfaltungsspielraum für Innovationen lässt".
Der Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) und der Medienverband der freien Presse (MVFP) sehen in dem Entwurf dagegen eine "Gefahr für die Pressefreiheit und Meinungsvielfalt", da die EU Online-Plattformen nicht nur zur Sperrung von rechtswidrigen Inhalten verpflichte, sondern diesen auch erlauben wolle, rechtmäßige Veröffentlichungen zu sperren. "Damit besteht die Gefahr, dass Google und Facebook über Inhaltsvorgaben in ihren Nutzungsbedingungen auch legale journalistische und redaktionelle Inhalte sperren. Die Gatekeeper würden so in Teilen zu Zensoren. Das darf nicht passieren", hieß es dazu von beiden Verbänden in Berlin. Sie fordern: "Die EU darf die Pressefreiheit und Meinungsvielfalt in Europa und den Mitgliedsstaaten nicht in die Hand von marktdominanten Digitalplattformen legen." Auch der Deutsche Journalisten-Verband kritisiert, dass die Regulierung von Inhalten nun in Teilen zentralisiert in Brüssel erfolgen soll. DJV-Bundesvorsitzender Frank Überall: "Auf diese Weise wird die bewährte föderale Medienordnung, wie wir sie in Deutschland haben, mit einem Federstrich abgeschafft."
Der DSA soll außerdem sicherstellen, dass auf Marktplätzen weniger gefälschte Produkte verkauft werden, was der Markenverband wiederum begrüßt. "Nach langen Verhandlungen bildet der Digital Services Act (DSA) eine erste Basis, um illegale Inhalte und Produkte im Netz verhindern zu können" sagt Christian Köhler , Hauptgeschäftsführer des Markenverbandes. "Um dies zum Schutz der Markeninhaber und Verbraucher wirklich mit Leben zu füllen, muss bei der Umsetzung in nationales Recht eine entsprechende Rechtsdurchsetzung sichergestellt werden." Es gelte nun, geistiges Eigentum umfassend zu schützen.