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Industrie ohne Social Media im Service
04.12.2015 Eine Studie der Hochschule Esslingen zeigt: Unternehmen nutzen im Bereich After-Sales-Service kaum Social Media.
"Die Hardware ist vorhanden. Die Software jedoch selten" , klagt Professor Rainer Elste . Gemeinsam mit Professor Ben Marx und Professor Christian Cseh hat er 52 vorwiegend mittelständische Industrieunternehmen hauptsächlich aus Baden-Württemberg untersucht.
Zu viele Unternehmen arbeiten in diesem Bereich noch mit Papierformularen. Dies führt oft zu einem fehlenden Überblick über Materialien, Zettelwirtschaft, Zeit- und Ressourcenverschwendung für sich und für den Kunden. Laptops und Mobiltelefone werden zwar im After Sales Service genutzt, nur eben überwiegend zur klassischen Informationsbeschaffung, Auftrags-Management und -dokumentation.
Das operative Servicegeschehen ist noch hochgradig analog:
- 56 Prozent geben an, Papierformulare regelmäßig oder immer einzusetzen,
- 32 Prozent setzen Papierformulare selten bis häufig ein
- Über drei Viertel der Befragten holen noch eine händische Unterschrift des Kunden für erledigte Arbeiten ein (78 Prozent).
Das mute vor dem Hintergrund digitaler Prozesslösungen wie digitalen Unterschriften anachronistisch an, sind sich die Wissenschaftler der Hochschule Esslingen einig. Technische Barrieren scheinen für eine stärkere Vernetzung der Servicetechniker nicht zu bestehen:
- Nahezu zwei Drittel (62 Prozent) der Befragten gibt an, dass bei der Erledigung der Servicearbeiten eine Netzabdeckung für eine Online-Verbindung mit der Zentrale gegeben wäre.
- Nach Einschätzung von fast drei Viertel der Befragten (73 Prozent) hätten auch die Kunden der Serviceabteilungen nichts gegen den Einsatz von Online-Geräten auf ihrem Firmengelände.
Konsequent ist hingegen die Selbsteinschätzung der Befragten: Nahezu zwei Drittel der Befragten (64 Prozent) schätzt das Optimierungspotenzial in den eigenen Reihen als mindestens groß ein. Die Einführung von Serviceprozessen mit digitaler Unterstützung scheitert dabei aus Sicht der Befragten im Wesentlichen an den Herausforderungen an die Datensicherheit (60 Prozent) und den erwarteten Kosten (48 Prozent). Weniger Probleme sehen die Befragten bei der Akzeptanz der eigenen Techniker oder des Kunden, der eigenen Personalkapazität, dem Schulungsaufwand oder Umgebungsfaktoren wie Schmutz oder Nässe, die den Einsatz mobiler Endgeräte zur Erfassung vor Ort erschweren könnten.
In diesem Zusammenhang haben die Forscher noch etwas herausgefunden: Dort, wo bereits technische Hilfsmittel wie Laptops oder Diagnosegeräte und Software zum Einsatz kommen, sollen sie dabei helfen,
- Durchlaufzeiten zu verkürzen (70 Prozent),
- die Servicequalität zu steigern (58 Prozent) sowie
- Kosten zu senken (48 Prozent).
Social-Media wird nicht genutzt
Trotz Einsatz von Smartphones kommen die Social-Media-Kanäle in der Kommunikation kaum zum Einsatz. Weniger als ein Drittel der befragten kommunizieren mit WhatsApp und ähnlichen Diensten, nur 6 Prozent nutzen Facebook in diesem Bereich.Wenig überraschend ist das Ergebnis, dass es nahezu zwei Drittel der Unternehmen (62 Prozent) schwer bis sehr schwer fällt, geeignetes Personal für den After-Sales-Feldeinsatz zu finden. In diesem Zusammenhang sehen es über drei Viertel der Befragten (78 Prozent) als wichtig an, Serviceaufträge nach festen Standards durchzuführen. Checklisten, die zwingend abzuarbeiten sind, können hier sehr hilfreich sein.
Die Studie wurde im Zeitraum Mai bis August 2015 durchgeführt. Zur Teilnahme waren 225 Manager im Servicebereich mittelständischer Unternehmen eingeladen. 52 haben an der Befragung teilgenommen. 84 Prozent der teilnehmenden Unternehmen wartet eigene Produkte, 32 Prozent Produkte fremder Unternehmen (Mehrfachnennungen). 54 Prozent geben an, dass der After-Sales-Bereich über zehn Prozent zum Gesamtumsatz beiträgt (bei 26 Prozent sogar über ein Viertel).