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Aufstand der Moderatoren: Xing stellt Gruppen und Events ein
11.08.2022 Es ist ein Schlag ins Gesicht von vielen tausend engagierten Xing-Moderatoren und Business-Influencern: Das zur Burda-Gruppe gehörende Xing-Netzwerk stellt seine Gruppen- und Event-Funktionen zum 11. Januar 2023 ein. Und bedroht damit die Existenz von vielen.
Zwar seien beide Angebote "in der Vergangenheit wichtige und liebgewonnene Bestandteile" des Business-Networks. Aber sie würden "leider" nicht den neuen Fokus unterstützen und viele Ressourcen binden. In Zukunft will sich die Tochter von Hubert Burda Media (Selbstvermarktung: "More than a career network") "noch stärker auf die Unterstützung unserer Mitglieder bei ihrer beruflichen Orientierung konzentrieren." Den ersten Schritt soll ein ELearning-Angebot machen.
Für die Moderatoren und Influencer ist die Nachricht doppelt ärgerlich: Zum einen haben die Moderatoren zum Teil Jahrzehnte damit zugebracht, Communities auf der Xing-Plattform aufzubauen, die zum Teil zehntausende von NutzerInnen umfasst - und die auch zur Monetarisierung und Leadgenerierung von ihnen verwendet werden. Zum anderen ist die Vorwarnzeit denkbar kurz: Bereits ab dem 18. August 2022 will sich Xing bei allen aktiven Gruppen-Mitgliedern per E-Mail und Info-Banner melden und über die Abschaltung informieren. Ab diesem Zeitpunkt können auch keine neue Xing-Gruppen mehr erstellt werden.
Das gilt auch für die Event-Funktion: So ist es aktuell möglich, die eigenen Webinare und Veranstaltungen auf Xing einzustellen und per E-Mail an seine Follower zu vermarkten - eine Funktion, bei der LinkedIn deutlich schwächer abschneidet. Auch wir bewerben unsere Webinare und Virtuellen Konferenzen aktuell noch über Xing. Ich muss gestehen: Das ist mittlerweile der Hauptgrund, weswegen wir noch auf der Burda-Plattform aktiv sind. Vielen anderen Veranstaltern geht es ähnlich.
Das heißt, die Moderatoren haben eine Woche Zeit, eine Alternative zu finden und zu versuchen, die Gruppenmitglieder in andere Kanäle zu konvertieren - weil ein offizieller Xing-Hinweis auf Abschaltung bei normalen Gruppenmitgliedern dazu führen dürfte, der Plattform schneller - und ohne eine Alternative in Betracht zu ziehen - den Rücken zu kehren.
Für Peter K. Sanner , der über 12 Jahre die Regionalgruppe Kaiserslautern aufgebaut hat, ist die angekündigte Beerdigung der Xing-Gruppen und -Events "ein Tritt in den Arsch aller Moderatorinnen und Moderatoren." Er ist sauer: "Der letzte Mehrwert von Xing ist damit beerdigt." Jetzt sei es "eine Jobmaschine".
Wobei normalerweise Berufsnetzwerke davon leben, dass Interaktion der Teilnehmenden untereinander funktioniert - wie seit Jahren der Xing-Konkurrent Linkedin erfolgreicher beweist. Peter K. Sanner: "Man hätte da so viel draus machen können, aber Xing ist von Controllern Verwaltet. Sehr sehr schade."
Sonja App wiederum beschwert sich: "Was XING gerade macht, ist ein Schlag ins Gesicht für viele Mods. Ich moderiere seit 2009 die größte Gruppe zum Diversity Management auf XING, die einige Auszeichnungen bekommen hat. Warum macht Ihr das alles platt XING?"
Steffen Meier
, Herausgeber des DIGITAL PUBLISHING REPORT
und Xing-Coach fragt rhetorisch: "Trägt XING sich (mit der Entscheidung, Gruppen und Events einzustellen selbst zu Grabe?". Tatsächlich häufen sich auf Xing selbst und diversen anderen Plattformen die Meldungen von Xing-Mitglieder, dass sie n un ihre Premium-Mitgliedschaft kündigen.
Johannes Woll, Gründer von Social Events
und Moderator unter anderem der Xing-Gruppe Media und Publishing
mit über 35.000 Teilnehmenden trifft nach eigener Aussage "die Nachricht wie viele meiner Wegbegleitende wie ein Faustschlag ins Gesicht." Die Migration auf andere Plattformen sei "nicht banal", da die Moderatoren keine Kontaktdaten der Gruppenmitglieder besäßen. Seine Strategie: "Ich versuche nun in Intervallen mit Newslettern und Moderatorenposts, die Teilnehmer in meinen EMail-Verteiler zu ziehen" Aber er bezweifelt, "dass ich einen nennenswerten Anteil meine über 150.000 Mitglieder wirklich konvertiere. "
Monika Zehmisch
wird nostalgisch: "Mit Johannes F. Woll und anderen wertvollen Menschen habe ich die Anfänge von XING (damals openBC) und die Pionierzeit des Networkings erlebt. Zu unseren Business-Events strömten hunderte Teilnehmer und Jo hat die Ticketingplattform Amiando (jetzt XING Events) zu XING reingeholt. Das sind nostalgische Erinnerungen, an die ich - an einem Tag wie heute - gerne zurückdenke."
Die goldenen Zeiten seien jedoch vorbei, "das Xing-Gruppenprodukt funktioniert nicht mehr und die Entscheidung von XING ist nicht zu ändern. Ich erhalte mir die schönen Erinnerungen und plane in die Zukunft." Sie ist allerdings optimistisch: "Für meine Community XING Düsseldorf und damit auch für mich geht es jedoch weiter: Die offiziellen XING Ambassador Communities bekommen mit Abschaffung der Gruppen ein neues Zuhause auf Xing." Wie genau das aussieht, werde derzeit entwickelt.
Einmal mehr scheint sich zu zeigen, dass es gefährlich ist, sein Geschäftsmodell auf eine Drittplattform zu bauen. Ein Switch beim Geschäftsmodell des Plattformbetreibers - oder nur die Änderung des Algorithmen - kann gravierende Folgen haben. Erst vor wenigen Wochen brachte eine Änderung des Algorithmus von Instagram
die dortigen Infuencer auf die Palme, als Meta
kurzfristig beschlossen hat, Reels statt der bis dahin üblichen Bilder im Feed zu bevorzugen. Erst nach einem heftigen Aufstand der reichweitenstarken (und mit der Werbeindustrie gut vernetzten) Influencer, machte der von Werbung abhängige Zuckerberg-Konzern einen Rückzieher. Bei Xing ist solch ein Rückzieher eher unwahrscheinlich.