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Schnell im Bizz: Deutsche Verleger sind Schnarchnasen
07.03.2006 Die deutschen Verleger haben es bislang immer geschafft, alle wichtigen Trends zu verpassen. Während sie gegenwärtig dabei sind, noch den letzten Trend zu verpassen, verpassen sie schon den nächsten.
Vor allem dann, wenn es um Technik oder Marketing geht, sind Verleger beweglich wie Marmorstatuen. Wie sehr große, sehr schwere Marmorstatuen. Schon in den 80er Jahren blieben die Herren Verleger lieber bei ihren Linotype-Satzsystemen, dann bei ihren proprietären Redaktionssystemen statt die Herausforderung DTP anzunehmen.
Zehn Jahre später hippelten die Buchverleger zwar in Richtung CD-ROM-Geschäft, ruinierten den Markt jedoch durch kaputt sparen: Statt von Anfang an vernünftige interaktive Inhalte zu produzieren, kippte man lieber 650 MByte wild zusammengeklaubte Daten auf hastig gepresste CD-ROMs und verschreckte das aufkommende Multimedia-Publikum für ein halbes Jahrzehnt.
Im Internet sind inzwischen alle. Doch nur wenige, nur die medienaffinsten Fachverlage haben eine Strategie. Und das im Jahr zehn nach dem ersten Internet-Boom. Die Zeitungsverleger, prall und fett in ihren monopolistischen Ein-Zeitungs-Kreisen thronend, hatten solange Angst um ihr fettes Rubrikanzeigengeschäft, bis es ihnen Internet-Unternehmen abnahmen. Magazin- und Fachzeitschriftenverleger wiederum wollen Anzeigen- wie Vertriebsumsatz in Print retten und Online erobern, oszillieren strategisch zwischen Pay-per-Click und anzeigenfinanziertem Massenportal - und versagen in der Mehrheit kläglich bei beidem.
Und während die Internet-Auftritte rudimentär bleiben und crossmediale Konzepte ein ängstlich verdrängter Traum bleiben - kurz: während Magazin- wie Zeitungsverleger sich angestrengt bemühen, das Internet-Geschäft den anderen zu überlassen und die Druckauflagen vor allem bei der jungen, internetaffinen Zielgruppe sinken - kommt schon der nächste Trend auf die Verleger zu, der ihr Kern-Asset angreift: Der Journalismus selbst.
So gefährlich Gratis-Kleinanzeigenmärkte für das Geschäftsmodell der Verleger sein können (ob Heisetreff.de den deutschen Verlegern so sehr schaden wird wie Craigslist ihren US-Kollegen, wird sich zeigen), gefährlicher ist die Herausforderung, die die Googelisierung der Nutzer und eine etablierte Blogger-Szene für all die Verlage bedeuten, die nicht in der A-Liga spielen.
Blogger erzeugen durch ihre große Zahl eine Menge Content, der sehr schnell und teilweise durchaus professionell gemacht ist. Auf der anderen Seite belegen Untersuchungen, dass erstmals in der Internet-Geschichte die Zahl der Suchmaschinennutzer langsamer wächst als die Zahl der verwendeten Suchbegriffe: Kompetenter werdende Gratis-Angebote stoßen auf kompetenter suchende Internet-Nutzer. Für die Verlage bedeutet das ein Glaubwürdigkeitsproblem. Sie müssen einer Internet-Generation beweisen, dass von Redakteuren produzierter Content sein Geld wert ist und sie müssen service-orientierte Geschäftsmodelle entwickeln. Zunächst einmal aber müssen sie begreifen, dass sie strategisch an allen Fronten ein Problem bekommen. Dazu müssen sie aber erst einmal aufwachen. Wecker sind gesucht.