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Klingel-Gruppe gibt auf
29.08.2023 Ein Ende im hundertsten Jahr ihres Bestehens: Nachdem kein Investor gefunden worden konnte, hat der Gläubigerausschuss der Klingel-Gruppe das Auslaufen des Betriebs beschlossen. Ende Januar 2024 ist Schluß.
Neben der K-Mail Order GmbH & Co. KG befinden sich seit Mai diesen Jahres auch die Hamburger Tochtergesellschaften Impressionen Versand GmbH und Einrichtungshändler Schneider GmbH in einem Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung. In den drei Unternehmen arbeiten rund 1.800 Mitarbeitende. Die Schneider-Gruppe und weiteren Gesellschaften der Firmengruppe sind von der Einstellung der Geschäftstätigkeit nicht betroffen.
"Eine dauerhafte Fortführung des Geschäftsbetriebs ist ohne Investorenlösung nicht möglich. Angesichts der schwierigen Branchen- und Unternehmenssituation ist jedoch kein Interessent bereit, in die Unternehmensgruppe als Ganzes zu investieren und diese auf Basis der ausgearbeiteten Sanierungskonzepte fortzuführen", heißt es in einer Erklärung. Trotz erheblicher Kostenreduktionen erzielt die Unternehmensgruppe aber weiterhin Verluste. Da die in 2023 eingeleiteten Maßnahmen überwiegend erst in 2024 wirken, ist im aktuellen Geschäftsjahr kein Break-even zu erreichen.
Die Transformationsmaßnahmen zum Multichannel-Anbieter der vergangenen Jahre bei Klingel sowie die erfolgte Digitalisierung von Vertriebs- und Marketingmaßnahmen allein hätten nicht ausgereicht, um dem sich in den vergangenen Monaten stark veränderten Marktumfeld weiterhin gerecht zu werden", hatte das Unternehmen im Mai erklärt. Mit der Konzentration auf starke Produkt- sowie Vertriebsmarken, dem Fokus auf Online-Handel neben dem Print-Geschäft, und der Integration von Prozessen und Daten wollte die Gruppe zukünftig Bestands- und Neukunden ein verbessertes Einkauferlebnis über eine Vielzahl von Plattformen hinweg bieten. Doch von der rückläufigen Branchenentwicklung im Modebereich war die Klingel-Gruppe überproportional betroffen. "Die vergangenen Wochen haben verdeutlicht, dass eine erhebliche Verbesserung der Unternehmenssituation kurzfristig nicht realisierbar ist, auch wenn sich das Geschäft zuletzt erholt hat", so Klingel. Das Umsatzniveau der Gruppe werde sich aufgrund der anhaltend schwierigen konjunkturellen und branchenwirtschaftlichen Situation kurz- bis mittelfristig nicht ausreichend verbessern. Auch mit umfassenden Kostenmaßnahmen ist keine Alleinfortführung für die Unternehmensgruppe möglich.
Als Ursachen der aktuellen Lage nennt Klingel die schwierigen Marktbedingungen, unter anderem bedingt durch die deutliche Konsumzurückhaltung seit dem Beginn des Ukraine-Kriegs, signifikant gestiegene Kosten sowie die hohe Inflation. Hinzu gekommen sei eine hohe Liquiditätsbindung im Warenlager infolge von Verzögerungen in den Lieferketten während der Corona-Pandemie. Gleichzeitig müsse Klingel mit deutlichen Kostensteigerungen wirtschaften. Beispiele seien die signifikante Verteuerung von Katalogproduktion und -versand sowie gestiegene Kosten durch höhere Logistikpreise.
Zudem hatt5e eine notwendige Umstellung der IT-Systeme, die im zweiten Halbjahr 2022 umgesetzt wurde, den Geschäftsbetrieb erheblich beeinträchtigt. Die Gruppe hat dabei eine Mainframe Lösung durch eine moderne Systemlandschaft ersetzt. Die Umstellung, die ebenfalls hohe Kosten verursachte, ist die technische Grundlage für die Transformation der Gruppe gewesen.
Die Firmengruppe mit Sitz in Pforzheim wurde 1923 gegründet und entwickelte sich vom klassischen Katalog-Versender zum internationalen Multichannel-Distanzhändler mit Fokus auf das Online-Geschäft. Zahlreiche Marken gehören zum Unternehmen. Dazu zählen die Marken KLiNGEL , WENZ und MONA für Damenmode, die Männerbekleidungsmarke BABISTA , der Schmuckanbieter DIEMER , die Plus-Size-Modeanbieter HAPPYsize , MIAMODA und Meyermode sowie der Schuh-Versender Vamos und die Gesundheitsmarke WELLSANA . Gemeinsame Zielgruppe der Marken sind Best Ager.
Die Umsatzerlöse der Gruppe lagen im noch mit positivem Ergebnis abgeschlossenen Jahr 2021 bei knapp 1 Milliarde Euro. Mittlerweile sind noch 1.300 Mitarbeitende übrig, für die eine Auffanggesellschaft sorgen soll. Die weiteren Gesellschaften der Firmengruppe im In- und Ausland beschäftigen insgesamt mehr als 250 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und befinden sich derzeit nicht in einem Insolvenzverfahren. Hierzu laufen noch Gespräche über das weitere Vorgehen. Die Einzelmarken sollen, wenn möglich verkauft werden.