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Sascha Pallenberg über Metaverse, NFT und andere Lügen
14.11.2022 Diejenigen, die Markenentscheidern Metaverse-Traumerfolge versprechen - sie lügen. Erst Apple wird den Markt in ein paar Jahren überhaupt definieren. Im Video-Podcast schenkt der deutsch-taiwanesische Tech-Blogger Sascha Pallenberg nicht nur der NFT- und Blockchain-Szene heftig ein.
Und diese Sau haben wir alle schon gesehen, beklagt er sich: "Mal davon abgesehen, dass wir seit Ultima Online - also seit 1997 - bereits Metaversen haben und auch heute noch, fast 20 Jahre nach seinem Launch, Second Life 200.000 tägliche aktive Nutzende aufweisen kann." Der Technikexperte, der aktuell als Chief Awareness Officer bei der Lernplattform Aware tätig ist, ist sich mit iBusiness-Herausgeber Joachim Graf einig: "Im Moment ist das Metaverse nicht mehr und nicht weniger als ein frisch aufgebrühtes Second-Life, mit Kindchen-Grafik und einer Armada aus Web3, Krypto- und NFT-Prophetinnen und Propheten."
Doch das zentrale Problem am Metaverse ist zweierlei:
- Einerseits sind die vielen existierenden MMORPG-, 3D- und VR-Plattformen - von World of Warcraft bis Second Life nicht vernetzt und werden es auch in den nächsten Jahren nicht werden. Dem integrativen "Meta"-Gedanken stehen die wirtschaftlichen Interessen der Plattformbetreiber entgegen: Google , Facebook oder Microsoft werden den Teufel tun und die Nutzenden aus ihren Walled Gardens befreien in eine offene Systemlandschaft.
- Und andererseits ist all das, was es aktuell an immersiven Echtzeitwelten gibt, nicht auf das wichtigste Endgerät - das Smartphone - übertragen. Es fehlt für die Datenmenge die Server-Infrastruktur. Es kann nicht an Millionen Nutzende in Echtzeit ausgespielt werden. Und es existiert keine VR-Brille, die Echtzeitwelt in der nötigen 4k-Mindestauflösung darstellen kann.
Sascha Pallenberg prognostiziert im Videopodcast, dass "Apple mit seiner Brille den AR-Markt nicht nur aufrollen, sondern definieren" wird, wenn die Apfelbrille dann kommt. Eine These, der Joachim Graf widerspricht. Doch Pallenberg ist sich sicher: Einen digitalen Layer voller Infos über die reale Welt zu legen und dank eines Knowledge Graphs und der persönlichen Daten, die Menschen dann zur Verfügung stellen, damit könne man entsprechenden Kontext herstellen. Der Vorteil im Gegensatz zu Metaversum-Träumen: Das benötige weniger Performance im Backend, kleinere Cloud/Netz-Infrastrukturen und eine simplere Hardware bei den Nutzenden.
Einig sind die beiden sich bei der ToDo-Liste für Entscheidungstragende bei Marken und Digitalunternehmen: Die technische Entwicklung im Auge behalten, sie alle zwei bis drei Jahre persönlich in Augenschein nehmen - und in der Zwischenzeit die Budgets nicht den Metaverse-Predigern hinterherwerfen.