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Künstliche Intelligenz: Das leisten Chatbots für die Kundenbindung
25.07.2018 Chatbots können mehr als Q&A-Aufgaben: Sie locken Bewerber an, ersetzen Navigationsmenüs, erfassen Kundendaten und generieren Leads. Wer sie richtig einsetzt, profitiert auch bei Marketing und Vertrieb.
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"Wenn schon, denn schon", startet Ralf Heller die Erklärung, warum die Digitalagentur sich vom gewohnten Startbild verabschiedet hat. Der Ideengeber vertritt die Perspektive: "Wenn wir unseren Kunden entsprechende Dienste und Technologien anbieten, dann ist es nur konsequent, wenn wir sie selber auch einsetzen." Damit verfügt die Agentur über einen eigenen Showcase, den Kunden live erleben können.
Auf der anderen Seite sind Bots auf Webseiten, insbesondere für den Kundendialog, schon länger im Einsatz. In der Regel sind sie auf die gängigsten Fragen hin optimiert. Wenn der Bot nicht weiter kommt, sind die meisten darauf ausgelegt, entweder in einen Live-Chat zu vermitteln oder die Frage an den Support weiterzuleiten. Auch bei VI tut das der Chatbot, darin unterscheidet er sich nicht von anderen.
Chatbot-Unterstützung beim Recruiting
Dafür weicht Vibee in seiner Funktion vom üblichen Einsatzgebiet ab: Der Bot ist in erster Linie dafür entwickelt worden, die Agentur auf der Suche nach den raren Talenten zu unterstützen. "Wer sich für kreative Entwicklerjobs interessiert- so unsere Ausgangshypothese - freut sich über Innovation in der Selbstdarstellung", erklärt Heller den Einsatz. "Wir reden nicht nur über Innovationen, sondern wir schaffen sie und die Bewerberzahlen geben uns recht." Seit Einsatz des Chatbots gab es eine deutliche Steigerung der Bewerberzahlen und damit der Aufmerksamkeit in der Kernzielgruppe - doch die neue Website hatte noch einen Nebeneffekt: der Bot generierte Neukunden, die sich ebenfalls angesprochen fühlten.Einsatz für die Suche per Spracheingabe
Dabei ist die Verwendung des Bots als Navigation wohl nur ein Aspekt, der ihn für viele sympathisch macht. Besonders die Möglichkeit, per Spracheingabe zu suchen, wie es viele vom Smartphone kennen, macht Chatbots für die Navigation attraktiv.Damit ließe sich auch einiger Aufwand vermeiden: Tipp- beziehungsweise Rechtschreibfehler müssen nämlich mit angelegt werden, damit der Bot möglichst viele Aussagen erkennen kann. Überhaupt ist die Programmierung von Chatbots mit mehreren Funktionalitäten nicht trivial, wie Heller weiß. Der VI-Chatbot läuft auf einer eigenen Engine, hinter der sowohl Watson als auch Dialogflow als Engines stehen. Jedoch hat das Team sie sich "passend" zusammengebaut und verändert und eine eigene Server-App geschrieben. Der Hauptaufwand steckt jedoch darin, die Dialoge zu erstellen. Sowohl die Textzusammenhänge, die der Chatbot verstehen kann als auch das, was er antworten soll, müssen als Inhalt hinterlegt und verknüpft werden.
Der Bot fragt und erwartet Antworten
Es gibt so etwas wie eine "Bot-Persönlichkeit" bei Vibee, die zum einen zum Bild von VI passen und zum anderen auch eine Haltung vermitteln soll. Mit maximal 300 Zeichen wird das bei einzelnen Themen schon recht knapp. Um diese Fragen und Suchen möglichst nah am User formulieren zu können, führte VI mehrere Testläufe durch, um die Fragen zu identifizieren, die die User wirklich stellen. Viel Wert legen die Entwickler darauf, dass die Nutzer mit Hilfe eines Dialogs dorthin geführt werden, wohin sie auf der "Website" wollen. Gleichzeitig soll Vibee jeden in möglichst wenigen Frage-Antwort-Schritten zum gesuchten Inhalt bringen. "Da musste und muss der Bot von Menschen lernen - ohne geht es nicht", sagt Heller.Auch Harald Esch
von Pegasystems
setzt auf echte Chatbots: Neue Schnittstellen mit erweitertem Natural Language Processing (NLP) ermöglichen eine automatisierte Kommunikation von Kunden und Mitarbeitern über unterschiedliche Kanäle wie Web-Chat, Telefon oder Amazon Alexa hinweg; sogar mit der Möglichkeit, Konversationen in anderen Kanälen fortzusetzen. Vorteile für Unternehmen, die auf solche Systeme setzen, lägen auf der Hand: Es muss nicht für jeden Kanal alles neu erfunden werden und durch den vernetzten Ansatz würden oft Prozesse erneut grundsätzlich überdacht und reorganisiert. "Durch neue Kommunikationsmittel wird manchmal ein Prozess als veraltet oder nicht zielführend enttarnt und kann in einem Zug mit restrukturiert werden."
"Chatbots eignen sich sehr gut für die Automatisierung einfacher Prozesse", erklärt Carsten Rust
, der Chatbotexperte bei Pegasystems. "Viele Unternehmen machen jedoch den Fehler, dass sie dieser Technologie zu viel zumuten und dass sie nur die Kosten sehen. Dass sich das negativ auf Aspekte wie Einkaufserlebnis oder Kundenbindung auswirkt, wird ihnen meist zu spät klar. Der Einsatz von Chatbots sollte daher behutsam im Rahmen bereits optimierter Prozesse erfolgen. Dann wird es auch keine Akzeptanzprobleme seitens der Kunden geben."
Kundenanfragen automatisiert auswerten
Die Kernaussage, dass Chatbots bereits heute hilfreich eingesetzt werden, unterstreicht eine aktuelle Studie von Uniserv . Bei immerhin 48 Prozent der Befragten unterstützt KI die Betreuung von Kunden sowie den Kundenservice. Auf maschinelles Lesen (36 Prozent) und Chatbots (32 Prozent) setzt etwa jeweils jeder dritte Befragte. Maschinelles Lesen wird beispielsweise in der Versicherungsbranche eingesetzt, unter anderem von der Versicherungskammer Bayern , um Kundenbriefe zu bewerten und darin enthaltene Unzufriedenheitsäußerungen zu erkennen. Chatbots wie entsprechende textbasierte Dialogprogramme, nutzen Unternehmen wie Lufthansa , Zalando , Opel oder Wetter.com bereits, um Kundenanfragen zu beantworten oder ihren Kunden einen rund-um-die-Uhr-Service zu bieten."Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass Unternehmen bereits Einsatzfelder von KI identifiziert haben. Die intelligente Technologie kann insbesondere immer dann unterstützen, wenn es um die Bewältigung von unternehmerischen Standard- oder Routineaufgaben geht", erklärt Frank Thomas
, Managing Director bei Uniserv. Nach konkreten Anwendungsszenarien im Marketing, Vertrieb und Service gefragt, sagen 89 Prozent, dass KI besonders bei der Planung von Marketingkampagnen eine große Rolle spiele. 87 Prozent meinen, dass KI vor allem für die Analyse des Kundenverhaltens und der Kundenloyalität wichtig wird. Dahinter folgt die Automatisierung manueller Aktivitäten mit 67 Prozent.
Helfer beim Datensammeln
Ein Beispiel für intelligenten Einsatz von Chatbots im Vertrieb liefert Software-Plattform-Anbieter RapidMiner . Dort ist ein Chatbot von Drift aktiv, der gezielt vor dem Verkaufsgespräch bereits Kundendaten sammelt. Der 'LeadBot' Marla beginnt die Konversation mit dem Website-Besucher. Die Besonderheit: Sobald das Gespräch läuft, können Sales-Mitarbeiter es verfolgen und sich zum geeigneten Zeitpunkt einklinken und übernehmen. Von der einfachen Frage nach dem Namen und anderen Details zum potenziellen Kunden kommen nach und nach bereits Fragen zum gewünschten Produkt bzw. Service hinzu, die helfen, die passenden Softwarevorschläge zu unterbreiten. So sind Routinefragen schon erledigt und es bleibt Zeit für andere Details.Die Fluggesellschaft KLM bietet Kunden mit dem Facebook-Bot die Möglichkeit, Flugdetails abzurufen und eigene Vorlieben wie beispielsweise Speisenauswahl oder Sitzplatzwünsche jderzeit und vor allem auch mobil ohne Wartezeiten auszutauschen. Durch die freiwillige Zustimmung der Kunden, sich mit dem Chatbot auszutauschen, ergeben sich keine Probleme bezüglich DSGVO, darin sind sich zumindest die Fluggesellschaft und andere Unternehmen, die Chatbots kommunizieren und Daten sammeln lassen, in ihren Aussagen einig.
Einen etwas anderen Erfolg weist die Conversion Rate des Facebook-Chatbots von Kia in Großbritannien auf: Er schafft es, dreimal mehr Leads zu generieren als die statische Website. Diese landen dann je nachdem, wie konkret die Anfragen sind, nach einer Routineabfrage bei einem Vertriebsmitarbeiter.
"Kommunikation mit Chatbots ist im Grunde das, was Konsumenten wollen." formuliert Ralf Haberich
, Vorstandsvorsitzender der CRM Partners AG
. Allerdings mit der Einschränkung, dass einige Aspekte berücksichtigt werden müssen, um die automatisierte Kommunikation im Kundenservice zu etablieren. "schnelle Beantwortung des Anliegens und das möglichst rund um die Uhr, Freundlichkeit sowie schließlich die Gewissheit eines vertraulichen Umgangs mit den persönlichen Daten" seien entscheidend dafür, ob sich ein Kunde dem Chatbot anvertraut oder nicht.
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Auch wenn derzeit noch nicht so viele Konsumenten die Kommunikation mit Chatbots bevorzugen, liegt großes Potenzial darin, sie über Q&A hinaus in die Prozesse einzubinden. Einige Rahmenbedingungen müssen allerdings erfüllt sein. Die folgenden 5 Tipps fokussieren zentrale Punkte, die dazu beitragen, dass der Chatbot-Einsatz im Kundenservice erfolgreich verläuft.1. Verwenden geeigneter Kanäle
Betrachten Sie den Chatbot als aktiven Mitarbeiter des Kundenservice. Dies bedeutet: Sie sollten den Bot - wie auch Ihre anderen Mitarbeiter - für verschiedene Kontaktkanäle einsetzen können. Es führt nicht zum Ziel, den Chatbot nur als weiteren, mehr oder minder separaten Kontaktkanal zu betrachten. Dies hätte nur zur Folge, dass das gesamte Wissen, die Intelligenz und Erfahrung auf genau diesen einen Kanal beschränkt blieben. Sicher, Chatbots haben ihren Boom insbesondere der Tatsache zu verdanken, dass Facebook seine Messenger-Plattform für die Entwicklung von Bots geöffnet hat. Nur bedeutet dies noch lange nicht, dass Bots ausschließlich in Chatkanälen zu Hause sind. Ein Chatbot kann ebenso in einer eigenen App aktiv sein. Grundsätzlich muss ein geeigneter Kanal den Komfort für den mobilen Nutzer erhöhen, beispielsweise durch Schaltflächen mit vordefinierten Antworten und Bildern. Es gilt darum, eine zu hohe Komplexität durch offene Fragen und Tippfehler zu vermeiden. Darüber hinaus lohnt es sich, auch sprachgesteuerte Plattformen, ähnlich wie Siri oder Alexa, in Erwägung zu ziehen.2. Reibungslose Zusammenarbeit zwischen Bot und Mensch
So wenig Sie einen Chatbot auf einen Kanal limitieren sollten - sollten Sie auch keinen Kanal auf die reine Betreuung durch einen Chatbot beschränken. Denn Chatbots sind noch weit davon entfernt, wirklich alle Anfragen verstehen, beantworten oder ausführen zu können. Noch sind eine nahtlose Zusammenarbeit und ein reibungsloser Übergang zwischen dem Chatbot und dem menschlichen Servicemitarbeiter unerlässlich. Stellen Sie auch sicher, dass der Kunde zu jeder Zeit eindeutig weiß, ob er es gerade mit einem Bot oder mit einem menschlichen Mitarbeiter zu tun hat. Wenn das Gespräch zu hängen droht oder der Kunde eindeutig unzufrieden ist, muss ein menschlicher Servicemitarbeiter erreichbar sein. Auch Kunden halten diese Möglichkeit, von einem Bot zu einem realen Mitarbeiter zu wechseln, für sehr wertvoll.Umgekehrt kann ein Mitarbeiter einen Prozess aber auch von einem Chatbot bearbeiten lassen, beispielsweise um Daten anzufordern oder Änderungen vorzunehmen. Dies bietet dem Kunden eine schnelle Lösung und erlaubt es Ihren Mitarbeitern, sich Aufgaben zu widmen, die weniger standardisiert sind und die darum den Menschen mit seinen besonderen Fähigkeiten benötigen.
3. Berücksichtigen von Kontext- und Kundendaten
Ein Chatbot muss mehr leisten können, als lediglich Standard-Antworten auf häufig gestellte Fragen abzuspulen. Vielmehr sollte er stets darauf abzielen, die Bedürfnisse eines Kunden zu identifizieren - anhand der Eingaben der Kunden und auf Basis der über sie verfügbaren Daten. Er sollte, genauso wie ein normaler Mitarbeiter, dem Kunden schnell, persönlich und sachdienlich helfen können, indem er Kontext, Historie und Kundendaten heranzieht. Das Ziel muss es dabei sein, unnötige Fragen zu vermeiden und auf vorherige Kommunikationen zurückzugreifen. Ein Bot sollte so etwas sein wie der Tesla des Kundenservice - das heißt, trotz innovativer Motorentechnologie praktisch ebenso leistungsfähig und komfortabel wie eine traditionell angetriebene Limousine. Der Kunde sollte zu jeder Zeit eine vergleichbar positive Servicequalität erleben wie bei der Kommunikation mit realen Mitarbeitern: Automatisierung ohne Verzicht. Denn nur so ist gewährleistet, dass der Bot tatsächlich den gewünschten Beitrag im Kundenservice leistet und der Kunde die Kommunikation nicht einfach abbricht.4. Gewährleisten einer ununterbrochenen Konversation
Ein erfolgreicher Bot ist auf eine langfristige Verbindung zwischen Kunde und Unternehmen ausgerichtet. Dies bedeutet, dass der Bot eine ununterbrochene und fortlaufende Konversation führen soll und daher stets weiterführende Fragen stellen muss. Dabei dürfen Follow-up-Fragen aber nie so wirken, als beginne eine ganz neue Konversation. Für solch eine durchgängige Kommunikation braucht es einen Kanal, in dem es möglich ist, jede Kundenanfrage unter Rückgriff auf Kundendaten und -historie individuell zu bearbeiten. Denn nur Chatbots, die in einer Konversation proaktiv und individuell kommunizieren, vermitteln dem Kunden das Gefühl von Wertschätzung und optimaler Hilfestellung.5. Chatbots mit Weiterentwicklungspotenzial bevorzugt
Es lohnt sich, sehr aufmerksam zu beobachten, wie Ihr Chatbot genau funktioniert und wo Verbesserungspotenziale liegen. Ermitteln Sie exakt, in welchen Situationen der Chatbot erfolgreich und in welchen er weniger erfolgreich ist. Bewerten Sie seine Leistung analog zur Leistung Ihrer anderen Mitarbeiter. Beachten Sie dabei nicht nur Indikatoren wie Kosten pro Gespräch, Effektivität und Kundenzufriedenheit, sondern auch Aspekte wie die Erwähnungen in sozialen Medien.Testen Sie bei verschiedenen Themen, Aufgaben und Kanälen, wie effektiv ein Chatbot für Sie arbeiten kann. Die digitale Kommunikation durch einen Chatbot ermöglicht Ihnen detaillierte Analysen. Zudem lässt sich die Lernfähigkeit auch in die Bots selbst integrieren - durch Machine Learning. Aber all dies ist nur möglich, wenn Menschen weiterhin zusehen, mitdenken und den Einsatz des Bots anpassen. Machen Sie sich bewusst, dass vielleicht nicht jedes Experiment zum Erfolg führt, aber haben Sie auch keine Angst, Dinge auszuprobieren. Nutzen Sie das volle Potenzial der Chatbot-Technologie.
Vier Szenarien für den Einsatz von Chatbots im Kundendialog
Von Erstkontakt bis Reklamationsannahme
Chatbots, die Standard-Kommunikationsfragen beantworten, Daten sammeln, intelligente Analysen liefern und über Plattformen und Kanäle hinweg agieren, übernehmen Routineaufgaben und steigern Effizienz von Vertrieb, Marketing und Service. Sie schaffen einen Zufriedenheitsvorsprung und leisten Verkaufsförderung.
Standardfragen abfangen
Entlastung für den Kundenservice und Support stellen Chatbots dar, die zumindest teilweise KI-gestützt Standardfragen und Beschwerden abfangen können. Sie stellen eine kleine Verbesserung der bisher gewohnten Kommunikationswege dar.
Gestützte Datenanalyse für besseren Kundenservice
Wer mittels semantischer Analyse über alle Kanäle der Kundenkommunikation hinweg Anfragen via Chatbot automatisiert, beschleunigt Prozesse und entlastet den Kundenservice.Chatbots leisten gute Vorarbeit beim Filtern der Kundeninteressen und -bedürfnisse und kann den Vertrieb so deutlich entlasten.
Beschränkung auf das Nötigste
Mit minimalem Ansatz bei der Nutzung von Chatbots - insbesondere bei Telefonhotlines oder gesteuerten Kundendialogen beispielsweise beim Abschluss einer Versicherung - wird sich wenig Kundenzufriedenheit einstellen. Wer keine Alternativen bietet, muss damit rechnen, dass die Kunden abspringen und zu einem "moderneren" Anbieter wechseln.